Waffendeal mit Libyen Sarkozys schäbiger Sieg

Von Astrid Mayer
Bei seinem jüngsten Coup - dem Tausch der in Libyen zum Tode verurteilten bulgarischen Krankenschwestern gegen Panzerabwehrwaffen - ist Nicholas Sarkozys wohl zu weit gegangen. Selbst seine eigene Partei rümpft die Nase über das schäbige Geschäft.

Dass die Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern in Libyen nicht so ganz auf Sarkozys Mist gewachsen ist, hatte sich schnell herumgesprochen. Aber dass sie schlichtweg teuer erkauft war, erschüttert die französische Öffentlichkeit nun doch. Links spricht man von "Tauschgeschäften mit einem Gaunerstaat" und sogar aus Sarkozys eigener, rechter, Partei kommt verhaltene, aber klare Kritik.

"Bei der Manipulation der öffentlichen Meinung ertappt"

Sogar die sonst überaus staatstragende Tageszeitung "Le Monde" fand deutliche Worte, als der Luftfahrkonzern EADS schließlich die Gerüchte bestätigte, die Gaddafis Sohn Saif in die Welt gesetzt hatte: Dass nämlich Waffenlieferungen die Gegenleistung für die Befreiung der Krankenschwestern seien. Der Staatspräsident, befand die Abendzeitung, sei "auf frischer Tat bei der Manipulation der öffentlichen Meinung ertappt worden".

In der Tat wirkt Sarkozys These, der Charme seiner Gattin habe Gaddafi und die ganze verfahrene Situation aus der Sackgasse gelockt, ziemlich armselig angesichts eines Vertrags, der laut EADS nur noch auf die Unterschrift der libyschen Regierung wartet: Panzerabwehrraketen im Wert von 168 Millionen Euro und ein Kommunikationssystem im Wert von 128 Millionen Euro. Und das Ganze am Außenminister Bernard Kouchner vorbei. Der Sozialist musste kleinlaut einräumen, es habe wohl "eine Art Handelsabkommen" gegeben - mehr wusste er nicht.

"Es ist inakzeptabel, dass man es von den Libyern erfahren muss"

Nun fordert der Sozialisten-Führer Francois Hollande eine parlamentarische Enquete-Kommission. "Es ist inakzeptabel, dass man von den Libyern erfahren muss, was wirklich passiert ist", sagt er. In der Tat hatte Sarkozy das Abkommen zunächst geleugnet. Libyen und EADS haben sich zum Sachverhalt vor der französischen Regierung geäußert. Selbst Sarkozys Parteigenosse Claude Goasguen, der sich nach eigener Aussage "an das hält, was der Präsident sagt", wünscht nach Ende der großen Ferien eine Debatte und spricht von "Hyperpräsidentialisierung".

Freilich hatte eine Ministerkommission die anstehenden Waffengeschäfte mit Libyen schon im Februar dieses Jahres genehmigt. Aber es hat keinerlei öffentliche Debatte stattgefunden über die Frage, ob man einem Staat, der für mehrere Terror-Anschläge verantwortlich gemacht wird, Waffen liefern kann. Seit das Waffenembargo 2004 durch die EU aufgehoben wurde, gibt es einige Anwärter auf lukrative Geschäfte mit dem Land, das auch wichtige Erdölreserven hat.

Die Franzosen haben diesbezüglich schon lange keine Berührungsängste mehr. Sarkozys Kabinettschef (er war damals Innenminister) traf schon 2005 den berüchtigten Geheimdienstchef Moussa Koussa, der im Verdacht steht, mehrere Oppositionelle im Ausland ermorden haben zu lassen. Er wird auch mit dem Lockerbie-Attentat von 1988 in Verbindung gebracht. Als er sich mit Sarkozys Mann traf, lag gegen Koussa ein internationaler Haftbefehl vor, ausgestellt von einem französischen Untersuchungsrichter.

Ein Glück für Sarkozy, dass ihm vom Ausland her keiner in den Rücken fällt (außer Gaddafis Sohn, der das Geheimnis in einem Interview mit "Le Monde" ausplauderte, weil er sich gerne in den Vordergrund stellt). Bulgarien hat Libyen nun Schulden in Höhe von 40 Millionen Euro erlassen. Außenminister Steinmeier hat sich auch eher besänftigend geäußert, obwohl Deutschland als Teilhaber an EADS zum Thema nicht vorab befragt wurde.