Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Walter Kolbow hat die Bundesregierung zu einer eingehenden Prüfung aufgefordert, ob sie dem geplanten Waffengeschäft zwischen dem Rüstungs- und Luftfahrtkonzern EADS und Libyen zustimmen kann. Mit Blick auf die angekündigte Lieferung von Kommunikationstechnologie und Panzerabwehrraketen des Typs "Milan" sagte Kolbow dem "Handelsblatt", die Europäische Union verfolge zu Recht auch nach Ende des Waffenembargos vor drei Jahren eine zurückhaltende Politik gegenüber Libyen.
"Fraglich, ein Waffengeschäft mit einer humanitären Aktion zu verbinden"
Er betrachte das Geschäft mit großer Vorsicht. "Ohnehin ist es mehr als fraglich, ein Waffengeschäft mit einer humanitären Aktion zu verbinden", sagte Kolbow unter Anspielung auf die kurz vor Bekanntwerden des Geschäfts stattgefundene Freilassung bulgarischer Krankenschwestern in Libyen. Sie waren dort gemeinsam mit einem palästinensischen Arzt über Jahre unter der Beschuldigung eingekerkert, Kinder in einem Krankenhaus vorsätzlich mit dem Aids-Virus angesteckt zu haben.
In Deutschland werden Komponenten für die "Milan"-Raketen hergestellt, die von der EADS-Tochter MBDA hergestellt werden. Rüstungsexporten muss die Bundesregierung nach den Ausfuhrbestimmungen zustimmen. Das Geschäft hat nach Angaben von EADS ein Volumen von knapp 170 Millionen Euro. Das Kommunikationssystem soll von EADS kommen und hat nach Angaben aus mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen ein Finanzvolumen von knapp 130 Millionen Euro.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat unterdessen jeden Zusammenhang zwischen der Freilassung der bulgarischen Krankenhausmitarbeiter und Waffenlieferungen an Libyen bestritten. Über die Verträge der Regierung in Tripolis und dem europäischen Rüstungskonzern EADS sei seit eineinhalb Jahren verhandelt worden, sagte Sarkozy während seines Urlaubs im US-Bundesstaat New Hampshire.
In Frankreich war wegen der geplanten Waffenlieferung ein politischer Streit entfacht. Die französische Opposition hat eine parlamentarische Untersuchung gefordert. Eine Gruppe um EADS will Libyen Panzerabwehrraketen und Funksystem liefern. Es wäre das erste Rüstungsgeschäft des nordafrikanischen Landes mit dem Westen seit dem Ende eines Waffenembargos vor drei Jahren.