Nach der holprigen Wahl des schwarz-gelben Kandidaten Christian Wulff zum Bundespräsidenten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine bessere Zusammenarbeit im Kabinett angemahnt. Dass Wulff am Mittwoch erst im dritten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewählt worden sei, habe sie als Aufforderung verstanden, "die Probleme zu lösen, die wir zu lösen haben", sagte Merkel am Freitag im Sommerinterview mit dem Fernsehsender RTL. Mit ihrer Kritik hätten manche vielleicht aber auch vergessen, "dass wir wirklich große Aufgaben haben meistern müssen", sagte die Kanzlerin mit Blick auf die milliardenschweren Rettungsschirme für Griechenland und für den Euro. "Das waren natürlich Kraftanstrengungen, die auch ihresgleichen suchen."
"Es ist eine schwierige Zeit", gestand Merkel in dem Interview. Über die Präsidentenwahl sagte die Kanzlerin, sie sei "hundertprozentig überzeugt", dass Wulff der Richtige sei. "Wie werden viel Freude an unserem neuen Präsidenten haben (...) Er wird Orientierung geben." Ihr sei aber auch Wulffs Verwurzelung als Politiker wichtig gewesen. "Einer, der auch die Parteien achtet." Merkel sagte: "Ich habe die Wahl nicht auf die leichte Schulter genommen." Der rot-grüne Gegenkandidat Joachim Gauck sei ein "sehr guter und interessanter Kandidat" gewesen.
Merkel verneinte energisch die Frage, ob sie sich angesichts der vielen Krisen - etwa um den Euro und innerhalb der Koalition - von der Doppelbelastung als Kanzlerin und CDU-Vorsitzende überfordert fühle. Dies sei überhaupt nicht der Fall, sagte Merkel. "Es kommt ja gerade bei so großen Aufgaben darauf an, dass alles aus einem Guss ist." Zugleich hob sie hervor, dass sie alleine natürlich nicht die gesamte Regierungsarbeit machen könne. Sie sei deshalb sehr froh, dass im Kabinett "sehr viele talentierte Minister" säßen. "Ich glaube dieses Kabinett wird seine Arbeit gut erledigen." Die Kanzlerin und ihre Minister waren in den letzten Monaten wegen der anhaltenden Streits etwa in der Gesundheits- und Steuerpolitik auch in den eigenen Reihen in die Kritik geraten. Bei der Bundespräsidentenwahl hatten auch viele Unionspolitiker in den ersten zwei Wahlgängen für den rot-grünen Kandidaten Joachim Gauck gestimmt. Dies wurde auch in der Union als Signal des Protests gegen die Regierung in Berlin gewertet.