Wer hat das neu geborene Mädchen aus dem Hochhaus in Hamburg-Osdorf gestürzt? War es der Vater, der zuerst unter Verdacht geriet? Oder doch die Mutter? Der angebliche Vater hat sich nun bei der Polizei gemeldet. Der gesuchte 23-Jährige sei in Begleitung eines Anwalts auf einem Kommissariat erschienen und noch am späten Abend vernommen worden, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Details der Aussage konnte er noch nicht nennen.
Der angebliche Vater, der Mazedonier Hismet Karimani, hält sich nach den Angaben der Polizei illegal in Deutschland auf und ist bereits auffällig geworden. Am Mittwochabend war auch Haftbefehl gegen die 26-jährige Mutter des getöteten Mädchens erlassen worden. Sie hatte zunächst den Vater beschuldigt, sich dann aber in Widersprüche verwickelt.
Die Frau stellte sich bereits vor zwei Tagen der Polizei. Sie sagte aus, sie habe das kleine Mädchen allein in der Wohnung zur Welt gebracht. Dann sei ihr Freund gekommen und habe das Baby in einer Plastiktüte aus dem zehnten Stock geworfen.
Freundin überredete Mutter, sich zu stellen
Die gebürtige Polin flüchtete dann nach Polizeiangaben aus der Hochhauswohnung und hatte keinen Kontakt mehr zu ihrem Freund. Am Dienstag vertraute sie sich einer Freundin an, die sie dann überreden konnte, zur Polizei zu gehen. Am Samstagmittag hatte ein Spaziergänger auf einer Wiese hinter dem Hochhauskomplex das tote neugeborene Mädchen in einer Plastiktüte gefunden. Laut Obduktion hatte das Mädchen nach der Geburt gelebt und starb an den schweren Verletzungen bei dem Sturz. Das voll entwickelte Baby wog laut Polizei mehr als 3.000 Gramm.
Bei der Durchsuchung der Müllcontainer des Wohnkomplexes fand die Polizei mehrere blutige Wäschestücke und andere Gegenstände. Ob es sich dabei um das Blut der Mutter oder des getöteten Säuglings handelt, war zunächst unklar. Auf Grund der eingegangenen Hinweise und bisherigen Ermittlungen ging die Polizei schon länger davon aus, dass die Tüte mit dem Säugling aus mindestens der siebten Etage eines der rund 20-stöckigen Hochhäuser geworfen worden sein muss. Bis Dienstag wurden laut Polizei rund 130 Wohnungen auf Spuren untersucht, knapp 100 Speichelproben genommen und mehrere Hundert Menschen befragt. Die Polizei habe in dem anonymen Komplex jedoch keine Hinweise auf eine auffällige schwangere Frau erhalten, sagte eine Sprecherin.
SPD-Sozialexperte fordert bessere Informationsarbeit
Die Hamburger SPD hat nach dem Tod des neu geborenen Mädchens parteiübergreifende Gespräche angeregt. Es gebe "ein vergleichsweise gut ausgebautes Netz von Möglichkeiten in Hamburg, Kinder in Obhut zu geben oder sie anonym zur Welt zu bringen", sagte SPD-Sozialexperte Dirk Kienscherf. Möglicherweise müsse darüber aber verstärkt informiert werden - nicht über das Internet, sondern über einfachere Formen der Informationsarbeit. "Wir müssen Wege finden, angemessen mit dem Problemkomplex von ungewollten Schwangerschaften und psychischen Problemen in den letzten Wochen der Schwangerschaft umzugehen."