Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat seine Partei zu mehr Selbstbewusstsein und Stolz auf ihre Leistungen aufgerufen. "Wir müssen uns nicht genieren für das, was wir Gutes gemacht haben", erklärte er bei seinem ersten großen politischen Auftritt seit dem Tod seiner Frau vor gut einem Monat. Zugleich verteidigte Müntefering am Mittwochabend in München die umstrittenen Arbeitsmarktreformen der "Agenda 2010" gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Heute gebe es rund zwei Millionen Arbeitslose weniger als vor zweieinhalb Jahren, sagte Müntefering bei einer SPD-Wahlkampfkundgebung vor rund 400 Zuhörern. Wer das einfach beiseite schiebe, "der irrt sich sehr". Auf seine künftige Rolle in der SPD ging Müntefering mit keinem Wort ein, ebensowenig auf Parteichef Kurt Beck.
Die SPD wolle soziale Gerechtigkeit auf hohem Niveau, sagte Müntefering, dafür sei es nötig, Arbeitsplätze zu schaffen. "Wenn wir eine soziale Partei sein wollen, müssen wir dafür sorgen, dass der Kuchen groß genug ist", erklärte er. Vehement forderte Müntefering die Einführung von Mindestlöhnen. Es sei "empörend, dass so viele Arbeitnehmer Minilöhne haben und sich viele Unternehmer Maxilöhne in die Tasche stecken". Dass jemand 500 Mal so viel verdiene wie ein anderer, "das geht nicht, und deshalb kann das auch nicht so bleiben in Deutschland", rief Müntefering.
Mehrere SPD-Linke hatten zuvor eine Kehrtwende in der Steuer- und Sozialpolitik gefordert und die Unruhe in der Partei damit erhöht. Die SPD müsse auch Streit aushalten können, wenn man sich danach wieder zusammensetze, erklärte er.
Müntefering war vor rund neun Monaten als Vizekanzler und Arbeitsminister zurückgetreten, um seine kranke Frau zu pflegen. Seine erste große Rede war mit Spannung erwartet worden. Der Ex-SPD-Chef bezeichnete das CSU-Führungsduo aus Ministerpräsident Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber in einer harten Attacke als "Waschlappen". Sie hätten Angst vor dem Regieren und der Verantwortung. Bayern könne keine "Angsthasen" gebrauchen. "Heißes Herz und klare Worte ist besser als Hose voll", so Müntefering. In Bayern wird am 28. September ein neuer Landtag gewählt.