Gesundheitsreform Stabile Beiträge ade?

Wechselbad der Gefühle für Beitragszahler: Die Bundeskanzlerin will zwar mit zusätzlichen Steuermilliarden die Krankenkassen-Beiträge stabilisieren. Doch Finanzministerium und Kassen sind da skeptisch.

Die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen müssen sich 2007 nach wie vor auf höhere Beiträge gefasst machen. Denn die Chance auf zusätzliche Steuer-Milliarden für das Gesundheitswesen, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel in Aussicht gestellt hat, ist denkbar klein, wie das Bundesfinanzministerium betonte. "Im Augenblick gibt es keinen Anlass zu glauben, dass sich diese Spielräume eröffnen", sagte ein Sprecher. Sollten sich zum Ende des Jahres aber neue Möglichkeiten eröffnen, könne es auch beim Ressortchef Peer Steinbrück neue Sichtweisen geben.

Merkel will Steuerplus an Krankenkassen geben

Und selbst wenn das zusätzliche Geld flösse, wäre es aus Sicht der Kassen zu wenig, um stabile Beiträge zu sichern. Dies erklärte der Ersatzkassen-Verband VdAK. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums liegt es in der freien Entscheidung der Krankenkassen, ob sie zusätzliche Steuergelder zur Senkung der Versicherungsbeiträge, zum Schuldenabbau oder für Rückstellungen verwenden. In den bisherigen Eckpunkten für die Gesundheitsreform ist ein Anstieg der Kassenbeiträge um 0,5 Prozentpunkte zum Jahreswechsel vorgesehen.

Kanzlerin Merkel hatte im ZDF erklärt, wenn es mehr Steuereinnahmen gebe als erwartet, dann plädiere sie dafür, die geplanten Kürzungen an steuerlichen Zuschüssen für die Krankenversicherungen wieder zurückzunehmen. "Das heißt, dass die Beiträge möglichst gar nicht steigen." Zumindest habe die Regierung dann keine Mitschuld an einem etwaigen Anstieg der Krankenkassenbeiträge.

Die Erhöhung der Lohnnebenkosten ist ein wichtiger Kritikpunkt zahlreicher Ministerpräsidenten und vieler Wirtschaftspolitiker der Union an der Gesundheitsreform, gegen die sie seit Wochen Sturm laufen.

In der SPD traf Merkels Vorstoß auf geteiltes Echo. Das SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles zeigte sich offen. Die Probleme bei der Gesundheitsreform würden so aber nicht gelöst, sagte die SPD-Linke im Deutschlandfunk. Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß gab sich gesprächsbereit. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider warf der CDU-Vorsitzenden indes mangelnde Führungsstärke und eine Abkehr vom Konsolidierungskurs der Koalition vor.

Schmidt sieht Ende des Reformstreits

Die Krankenkassen begrüßten Merkels Forderung als Chance zu einem Neuanfang bei der Gesundheitsreform. Und obwohl die jüngsten Verhandlungen über die Gesundheitsreform ergebnislos verlaufen sind, ist ein rasches Ende des Koalitionsstreits nach Ansicht von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) absehbar. "Ich erwarte, dass wir in den nächsten Tagen entscheiden können", sagte Schmidt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir haben 96 bis 97 Prozent der Umsetzung der Eckpunkte geleistet."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Unterdessen ist das Vertrauen der Wähler in CDU und CSU ist nach einer Umfrage für das ZDF-Politbarometer auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung 1990 gesunken. Bei einer Bundestagswahl würden nun 33 Prozent der Befragten für die Union stimmen, teilte das ZDF am Freitag mit. Gegenüber der letzten Erhebung vor vier Wochen verlor sie damit drei Punkte, während die SPD einen Punkt auf 31 Prozent zulegen konnte. Gewinner der Umfrage ist die FDP, die zwei Punkte auf 13 Prozent zulegte und damit so gut wie noch nie in einem Politbarometer seit der Wiedervereinigung abschnitt. Die Grünen blieben unverändert bei neun Prozent, während die Linkspartei einen Punkt abgab und auf sieben Prozent kam.

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AP/Reuters/DPA