Hartz-IV-Reform Bildungsgutscheine für alle Kinder

Freizeitvergnügen und Nachhilfe für Hartz-IV-Kinder: Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen setzt dabei auf Bildungsgutscheine. Um eine Stigmatisierung der Empfänger zu verhindern, sollen aber offenbar alle Kinder Chipkarten bekommen.

Von der Leyen will nach Informationen der "Rheinischen Post" Bildungschipkarten nicht nur für Hartz-IV-Kinder, sondern für alle Kinder einführen. Das Modell hätte aus Sicht der Ministerin den Vorteil, dass eine Stigmatisierung der Kinder aus Hartz-IV-Familien vermieden werden könnte. Während deren Gutscheine vom Bund finanziert werden sollen, müssten alle anderen Eltern für die Chips aber je nach Kommune eine Gebühr zahlen.

Die Karten sollen den Kindern Zugang zu Musikunterricht und Sportvereinen, zu Schwimmbad- und Museumsbesuchen, aber auch zu Nachhilfe ermöglichen. Vorbild sei die Familiencard der Stadt Stuttgart, berichtet das Blatt. Das Arbeitsministerium bestätigte, dass Stuttgart ein wichtiger Orientierungspunkt sei. Dort bekämen alle Kinder eine Karte.

Der Zeitung zufolge ist für die Gutscheine ein Guthaben von 200 Euro jährlich im Gespräch. Wenn 200 Euro pro Jahr und Kind ausgegeben würden, ergäbe dies bei 1,7 Millionen Kindern in Hartz-IV-Familien Kosten von 340 Millionen Euro, die der Bund tragen müsste. Der Sprecher stellte allerdings klar, es gebe noch keine Festlegung auf ein endgültiges Modell.

Mit der geplanten Chipkarte will von der Leyen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar umsetzen. Die Richter hatten der Regierung aufgetragen, bei den Hartz-IV-Ausgaben die Kosten für die Teilhabe der Kinder am Vereinsleben und an Bildungsangeboten stärker zu berücksichtigen. Die Ministerin will dafür jedoch nicht mehr Geld direkt an die Familien zahlen, sondern den Kindern Sach- und Dienstleistungen zugutekommen lassen.

"Genau der richtige Weg"

Applaus für die Pläne kommt von den Liberalen. Eine Bildungschipkarte in Anlehnung an die Stuttgarter Familiencard wäre "genau der richtige Weg", erklärte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Meinhardt. Auch der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, unterstützt die Idee. "Im Idealfall erhalten Erwerbslose die Chipkarte für ihre Kinder in den Job-Centern", sagte Landsberg der "Rheinischen Post". Das Angebot für die Kinder werde von den Einrichtungen in den Kommunen kommen.

Die CSU lehnt die Gewährung von Sachleistungen dagegen bisher strikt ab. Bildungsgutscheine seien "ein kollektives Misstrauensvotum gegen Langzeitarbeitslose und wirken diskriminierend", hatte noch am Sonntag Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer gesagt.

Für die Umsetzung ihrer Pläne muss von der Leyen aber nicht nur die Regierungsfraktionen gewinnen, sondern wegen der Zustimmungspflicht im Bundesrat wohl auch die SPD. Deren Vizeparteichefin und Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, meldete dem Zeitungsbericht zufolge Bedenken an. Sie sprach sich für einen "Mix aus Geld- und Sachleistungen" aus.

DPA · Reuters
mad/APN/Reuters/DPA