Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) hat die Finanzpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Das Ziel von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), 2005 oder 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sei unseriöse «Voodoo-Ökonomie», sagte Gabriel dem «Tagesspiegel am Sonntag». «Mit der gegenwärtigen Politik und Wirtschaftslage funktioniert das nicht.» Dabei gebe es sinnvolle Einsparpotenziale, etwa beim Kindergeld für Reiche: «Es gibt Leute, die brauchen höheres Kindergeld und Leute, die brauchen gar keines.»
"Das ist doch eine Einaldung"
Der Staat solle zudem darauf verzichten, das Branntweinmonopol mit 100 Millionen Euro jährlich zu stützen, sagte Gabriel. Zugleich riet er der Bundesregierung, mit der EU-Kommission über ein höheres Staatsdefizit für eine Übergangsperiode zu verhandeln. «Die haben doch in ihrem Brief an die Regierung geschrieben: Sagt uns, wo die Risiken konjunkturbedingt sind! Das ist doch ein Einladung.»
Gabriel sprach sich auch gegen die Unterscheidung von Wahl- und Pflichtleistungen im Gesundheitswesen aus, die das Kanzleramt in seinem Reformpapier vorgeschlagen hatte. Das Monopol der kassenärztlichen Vereinigungen müsse gebrochen werden. Die Kassen sollten künftig in ihrem Versorgungsgebiet mit den Ärzten direkt Verträge abschließen, die sie für die besten hielten. Im Krankenkassenbeitrag seien dann die Ärzte drin, mit denen Verträge bestünden. «Wer zu einem anderen Arzt gehen will, zahlt das selbst.»
Die geplante höhere Besteuerung von Dienstwagen wird nach Gabriels Auffassung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat kippen. «Nie im Leben wird die Dienstwagensteuer erhöht.» Die Vorschläge von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zum Kündigungsschutz bezeichnete Gabriel dagegen als hilfreich.