Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will Milliarden-Mehreinnahmen auch für zusätzliche Ausgaben nutzen. Forderungen nach einem schnelleren Abbau der Neuverschuldung sowie nach raschen Steuersenkungen, die auch aus der Koalition kamen, wies Steinbrück zum Auftakt der Haushaltsdebatte im Bundestag zurück. Die Opposition warf dem Finanzminister wenig ambitionierte Ziele vor. Bei mehr Ausgabendisziplin könnte noch weit vor dem Jahr 2011 ein ausgeglichener Bundesetat erreicht werden.
"Jeder Finanzminister ist gut beraten, den Mund nicht zu voll zu nehmen", warnte Steinbrück. Er verteidigte sein Ziel, spätestens 2011 einen ausgeglichenen Bundesetat zu erreichen. Finanzpolitik müsse von realistischen Annahmen ausgehen, sagte er auch unter Hinweis auf die Gesamtschulden von 1500 Milliarden Euro. Gelinge schon im Jahr 2010 ein Etat ohne neue Schulden - zuletzt gab es dies 1969 - werde er "einen ausgeben", kündigte Steinbrück an.
Balance von Investitionen und Schuldabbau
"Finanzielle Spielräume für neue Maßnahmen ergeben sich dann, wenn es gegenüber den bisherigen Schätzungen zusätzliche Steuereinnahmen geben sollte", betonte Steinbrück. Davon werde aber wie bisher der überwiegende Teil zur schnelleren Rückführung der Nettokreditaufnahme verwendet. Nötig sei die richtige Balance von Zukunftsinvestitionen und raschem Schuldenabbau. Steinbrück kritisierte dabei auch Politiker der Regierungsparteien. Es könne keine Arbeitsteilung in der Koalition geben, bei der die "eine Seite fröhlich Unvereinbares, aber Populäres" fordere, die andere Seite aber mühsam den Menschen erklären müsse, dass es nicht gehe.
Auf gesamtstaatlicher Ebene soll dank der guten Entwicklung zahlreicher Länderhaushalte sowie in den Kommunen und in den Sozialkassen ein ausgeglichener Etat früherer erreicht werden. Deutschland kann laut Steinbrück bereits im kommenden Jahr mit einem leichten Überschuss im Staatshaushalt abschließen. "Die Chancen stehen nicht schlecht, dass wir 2008 eine "schwarze Null" schreiben."
Die EU-Kommission geht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland und Europa in diesem Jahr etwas hinter den bisherigen Erwartungen zurückbleibt. Für Deutschland prognostiziert Brüssel ein Plus von 2,4 Prozent, 0,1 Punkte weniger als im Frühjahr vorhergesagt.
Kreditaufnahme für 2008 sei zu hoch
Steinbrücks Etatentwurf sieht für 2008 eine Neuverschuldung des Bundes von 12,9 Milliarden Euro vor. Es wird aber davon ausgegangen, dass diese Marke bereits in diesem Jahr erzielt wird. Aus Sicht der Haushaltspolitiker der Koalition ist die für 2008 geplante Kreditaufnahme zu hoch. Steffen Kampeter von der CDU und Carsten Schneider (SPD) bekräftigten das Ziel, die Nettokreditaufnahme stärker zu senken als bisher veranschlagt.

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Nach Auffassung der FDP hätte der Bund schon im kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Er sei dazu aber wegen mangelnder Ausgabendisziplin nicht in der Lage, kritisierte FDP- Haushaltsexperte Jürgen Koppelin. Anja Hajduk von den Grünen warnte, dass die positive konjunkturelle Entwicklung möglicherweise nicht bis 2011 anhalte. Sie rede da aus Erfahrung mit der rot-grünen Regierung. Hajduk empfahl daher, schon für 2009 einen ausgeglichenen Bundesetat anzupeilen. "Haushaltspolitik ist eigentlich ganz einfach: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not."
Die Linke plädierte für mehr Investitionen, um die Zahl der Arbeitsplätze zu erhöhen. Es sei falsch zu behaupten, es sei nicht mehr Geld für Sozialausgaben vorhanden, sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch.
Nach der viertägigen Haushaltswoche bis Freitag gehen die Etatpläne Steinbrücks in die Ausschüsse. Endgültig verabschiedet werden soll der Haushalt für 2008 Ende November.