Der Wiesbadener Landtag hat am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen einen Untersuchungsausschuss zur hessischen Steuerfahnderaffäre eingesetzt. Der Ausschuss soll klären, ob vier Frankfurter Steuerfahnder gezielt aus dem Dienst gedrängt wurden, nachdem sie die aus ihrer Sicht nachlässige Verfolgung von Steuerflüchtlingen kritisiert hatten. Aufklären sollen die Abgeordneten auch die Rolle von Ministerpräsident Roland Koch und Finanzminister Karlheinz Weimar (beide CDU) in der Affäre.
"Es gibt keinen Skandal", sagte Koch im hessischen Landtag. Alle Fakten seien längst auf dem Tisch. Im Umgang mit den vier Steuerfahndern sei kein Unrecht geschehen. Die Betroffenen hätten Probleme gehabt, sich als loyale Beamte zu verhalten und korrekte Vorgaben ihrer Vorgesetzten zu befolgen. Der Konflikt um die Steuerfahnder habe keinerlei politische Hintergründe. Der Ministerpräsident warf der Opposition eine Kampagne gegen Weimar und die Leitung der Frankfurter Oberfinanzdirektion vor: "Der Finanzminister hat es nicht verdient, von ihnen durch den Schmutz gezogen zu werden." Die vier Steuerfahnder hätten ihrer Versetzung in den Ruhestand nicht widersprochen und auch das Angebot Weimars ausgeschlagen, in den Landesdienst zurückzukehren.
Dagegen warf der SPD-Finanzpolitiker Norbert Schmitt der Landesregierung vor, sie habe vier untadelige Beamte im Stich gelassen, als sich diese hilfesuchend an Koch und Weimar gewandt hätten. Es stelle sich daher die Frage, ob der Ministerpräsident und der Finanzminister die Vorgänge geduldet oder gar veranlasst hätten: "Ich hoffe sehr, dass die Wahrheit endlich ans Licht kommt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."
Die vier Steuerfahnder wurden unter anderem aufgrund fragwürdiger psychiatrischer Gutachten in den Ruhestand versetzt. Der Grünen-Abgeordnete Frank Kaufmann sagte, Weimar sehe sich selbst und seine Finanzverwaltung als fehlerlos an. Wer dennoch Kritik übe, könne daher nur verrückt sein. Linken-Fraktionschef Willi van Ooyen sagte, der Umgang der Landesverwaltung mit den Steuerfahndern erinnere an das Vorgehen repressiver Regime, die kritische Bürger in die Psychiatrie steckten.
Dagegen sagte FDP-Fraktionschef Florian Rentsch, die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke seien nicht an der Wahrheit, sondern an "Klamauk" interessiert. Die Aufklärung des Sachverhalts werde zeigen, dass der Finanzminister unschuldig sei. CDU und FDP setzten mit ihrer Stimmenmehrheit im Parlament eine Erweiterung des Untersuchungsauftrags durch. So soll der Ausschuss nun auch untersuchen, ob die vier Beamten auf ihre eigene Dienstunfähigkeit gezielt hinarbeiteten. Auch soll geklärt werden, warum die Steuerfahnder das Angebot, in den Dienst des Landes zurückzukehren, bislang nicht angenommen haben.
Der Konflikt um die Frankfurter Steuerfahnder schwelt bereits seit 2001. Damals wurden die Beamten intern angewiesen, Fälle von Steuerflucht nur noch ab einer Höhe von 500.000 Mark (255.100 Euro) zu verfolgen. Als sich die Steuerfahnder gegen die Anweisung zur Wehr setzten, wurden sie versetzt und mit Disziplinarverfahren konfrontiert. Mit den Vorgängen befasste sich ab September 2003 schon einmal ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags.