Hessischer Ministerpräsident Koch fordert Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger

Roland Koch sorgt wieder einmal für Entrüstung: Der hessische Ministerpräsident hat sich für eine Arbeitspflicht von Hartz-IV-Empfängern und höhere Zuverdienst-Grenzen ausgesprochen. Linke und Gewerkschafter laufen dagegen Sturm.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat eine strenge Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger gefordert und damit Empörung ausgelöst. "Wir müssen jedem Hartz-IV-Empfänger abverlangen, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht, auch niederwertige Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung", sagte er der "Wirtschaftswoche". Koch sprach sich zugleich für höhere Hinzuverdienst-Grenzen aus, um den Anreiz zur Annahme von Arbeit zu verstärken. Für seinen Vorstoß erntete der CDU-Vize scharfe Kritik aus dem Linken- und Gewerkschaftslager.

Da es in Deutschland notfalls auch ein Leben lang Leistungen gebe, müssten Instrumente eingesetzt werden, "damit niemand das Leben von Hartz IV als angenehme Variante ansieht", sagte Koch. Es könne kein funktionierendes Arbeitslosenhilfe-System geben, das nicht auch ein Element von Abschreckung enthalte. "Sonst ist das für die regulär Erwerbstätigen, die ihr verfügbares Einkommen mit den Unterstützungssätzen vergleichen, unerträglich." Letztlich müsse "am Ende der Hartz-IV-Reparaturen" die Beschäftigung der Betroffenen höher sein und die Belastung der Staatskasse sinken. "Das wird auch in der CDU keine leichte Diskussion", meinte Koch.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, forderte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf, Koch für seine "Hartz-Entgleisung" in die Schranken zu weisen. "Was Koch da absondert, ist mittelalterlich. Wer in die Arbeitslosenabsicherung ein Abschreckungselement einbauen will, riskiert mit voller Absicht, dass Menschen auf der Strecke bleiben." Ernst fügte hinzu: "Wenn es nach so einer Entgleisung keinen Aufschrei in der Union gibt, dann zeugt das von Charakterlosigkeit." Außerdem kenne Koch die Rechtslage nicht. Arbeitslose müssen schon heute nahezu jeden angebotenen Job annehmen, wenn sie nicht ihre Unterstützung riskieren wollten.

Der stellvertretende Vorsitzende des DGB Nord, Ingo Schlüter, reagierte empört auf Kochs Forderungen. "Koch sollte für solche Äußerungen eher eine Spucktüte als ein Mikrofon benutzen", sagte er. Diese Beschimpfung Langzeitarbeitsloser sei "an Dreistigkeit und Hohn nicht zu überbieten". Gerade die CDU mache seit Jahren den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor kaputt.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland sprach unterdessen von einer neuen Runde "übler Hetze gegen Erwerbslose" und einer "furchtbaren Verdrehung der Realität". Sprecher Martin Behrsing erklärte, Koch sei für brutalstmögliche Vorschläge und Hetze gegen bestimmte Gruppen bekannt. "Allerdings überspannt er diesmal den Bogen erheblich, wenn er ein Leben mit Hartz IV als angenehme Variante ansieht."

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