Der erste Besuch auf Helgoland war für Bundespräsident Johannes Rau fast so aufregend wie für die Insulaner. »Ich habe Flugangst in Kauf genommen«, gestand er den Helgoländern am 50. Jahrestag der Wiederbesiedlung des roten Felsens. Doch der turbulente Hubschrauberflug hatte sich gelohnt. Bürgervorsteher Claus Wickidal hatte an die 1.600 Helgoländer appelliert, auf »auf Straßen und Plätzen präsent« zu sein, und die ließen sich nicht zwei Mal bitten.
Bei strahlendem Sonnenschein und einer frischen Brise herrschte Hochstimmung auf Deutschlands einziger Hochseeinsel. Grün-rot-weiße Flaggen hingen aus den Fenstern, die Helgoländer säumten die Gassen und einige Fischer zückten sogar die Kameras, als Rau mit Ehefrau Christina auf der Insel landete. Gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis zog es die hohen Gäste zunächst zum Leuchtturm, wo der letzte Leuchtturmwärter Willy Krüss die Gäste bereits erwartete.
7.000 Tonnen Sprengstoff zur Explosion gebracht
Rund 100 Journalisten begleiteten Rau danach zum Festgottesdienst in die Inselkirche und zum Festakt in die James-Krüss-Schule, wo an die dramatischen Ereignisse vor 50 Jahren erinnert wurde. Als die Siegermacht Großbritannien am 1. März 1952 die Insel wieder an Deutschland zurückgab, glich sie einem Trümmerfeld. Nachdem die 2.600 Helgoländer evakuiert worden waren, hatten schottische Truppen die Insel besetzt. Schließlich hatten die Briten 7.000 Tonnen in Bunkern gelagerten Sprengstoff zur Explosion gebracht. Erst nach langem politischen Druck und einer Besetzung durch zwei Heidelberger Studenten, willigte England schließlich in die Rückgabe an Deutschland ein.
Rau löst »Helgoland-Rätsel«
In seiner Ansprache überraschte Johannes Rau die 200 Ehrengäste mit einer launigen Erklärung für ein altes Rätsel: der Zugehörigkeit der Insel zu Schleswig-Holstein. Die sei im Bundesrat zu Stande gekommen, als man über ein absolutes Halteverbot für alle Fahrzeuge auf Helgoland abstimmte. Alle Länder hätten sich enthalten - bis auf Schleswig-Holstein, so sei die Insel dem nördlichsten Bundesland zugefallen. »Jetzt habe ich ja vielleicht einen wichtigen Beitrag zur Heimatgeschichte geleistet«, sagte Rau. Und er wünschte den Helgoländern, was ihnen besonders wichtig ist: »Viele Urlauber, nüchterne und andere«.
Im Restaurant »Der Hamburger« stießen die hohen Gäste danach mit Champagner auf das historische Datum an und genossen das Festmenü mit Krebscocktail, Seezungenfilet und Eiergrogparfait. Nach einem Besuch am Denkmal des Dichters Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der 1841 auf der Insel das Deutschlandlied schrieb, war für Rau der Premierenbesuch beendet. »Es kann sehr gut sein, dass ich wiederkomme«, versicherte er den Helgoländern.
Nicht befolgt hatte Rau übrigens den Rat einer jungen Schülerin. Auf die Frage, was der denn auf der Insel erleben könne hatte sie in einem Rundfunkinterview empfohlen: »billig Schnaps und Zigaretten einkaufen«.