Joschka Fischer Über das Verhältnis der Grünen zum Kanzler.....

Fischer bringt Grüne gegen Kanzler und SPD in Stellung

Hamburg - Außenminister Joschka Fischer hat die Grünen in wichtigen politischen Fragen gegen Kanzler Gerhard Schröder und die SPD in Stellung gebracht. In einem Interview des stern kritisierte Fischer die Pläne für die Schaffung von Elite-Universitäten und eine neue Bildungs- und Forschungspolitik. "Wer diese wichtige Debatte auf den Begriff Elite verengen will, liegt falsch", sagte er. Deutschland müsse an der Spitze wettbewerbsfähig sein, könne es sich aber nicht erlauben, "Begabungsreserven brachliegen zu lassen". Gegenüber Studiengebühren für Wohlhabende zeigte sich Fischer aufgeschlossen: "Die Studienfinanzierung insgesamt gehört auf die Tagesordnung." Auch die Idee, Bildungsinvestitionen durch eine zweckgebundene Erbschaftsteuer zu finanzieren, halte er "für sehr nachdenkenswert".

Zur neuen Innovationspolitik Schröders äußerte sich der Vizekanzler skeptisch. "Ein Zurück zu einem naiven Fortschrittsoptimismus wird zu nichts führen", sagte er. Es werde keinen Fortschritt ohne Rücksicht auf die Umwelt geben. Die Energiefrage sei dabei von zentraler Bedeutung. So müsse die Autoindustrie "hin zu neuen Antriebstechniken wie der Brennstoffzelle". Der Initiative des Kanzlers für eine Lockerung der Embryonenforschung erteilte Fischer eine Absage. "Ich finde, der Bundestag hat mit großer Mehrheit einen weisen Beschluss gefasst", sagte er. "Ich empfehle, daran festzuhalten."

Fischer kritisiert die Pläne von Finanzminister Hans Eichel, Schwarzarbeit von Putzfrauen in Privathaushalten mit hohen Geldstrafen zu bedrohen. "Ich habe da einige sehr ernste Fragen", sagte er. Darüber werde man im Kabinett diskutieren. In der Debatte über ein neues Krankenversicherungs-System forderte Fischer die SPD auf, der Linie der Grünen zu folgen. Fischer schlug die Deckelung des Arbeitgeberbeitrags, die Aufnahme von Beamten und Selbstständigen sowie vollen Wettbewerb in allen Bereichen des Gesundheitssystems vor. Auf die Frage, dass die SPD weder den Arbeitgeberbeitrag deckeln noch den Wettbewerb freigeben wolle, antwortete er: "Ich wage eine Prophezeiung: Am Ende wird unsere Position auch die der rot-grünen Koalition insgesamt sein."

Eine große Steuerreform 2005 hält Fischer nicht für realistisch. "Ich meine: Nein", sagte er. "Ich halte nichts davon, den Leuten weniger Steuern, aber mehr Leistungen zu versprechen, wie es der immer verbalradikalere Herr Westerwelle so liebt." Ein besseres Bildungssystem, Zukunftsinvestitionen, mehr soziale Gerechtigkeit und neue Herausforderungen für die Sicherheit seien mit leeren Kassen nicht zu bezahlen.