Landtag Sachsens Parteien streiten über die NPD

In Sachsen hat die NPD erneut Stimmen aus anderen Fraktionen erhalten. Vor allem die CDU ist in heller Aufregung und ringt um den richtigen Kurs gegenüber der Rechtspartei.

Einen Tag nach dem neuerlichen Eklat um Stimmen für Abgeordnete der rechtsextremen NPD aus den anderen Parteien ist die Stimmung in Sachsens Landtag gedrückt. Hinter verschlossenen Türen, auf Gängen und in der Kantine gab es am Freitag vornehmlich ein Thema: Wer sind die Abweichler. Der fehlende demokratische Zusammenhalt der Parlamentarierer gegen Rechte, die vor knapp drei Monaten mit zwölf Abgeordneten in den Landtag einzogen, hat eine neue Dimension bekommen. Es wächst die Angst, dass der Name Sachsens mehr und mehr einen braunen Beigeschmack erhält.

Noch immer beteuern alle demokratischen Fraktionen, dass die Stimmen für NPD-Kandidaten bei der Wahl des Ministerpräsidenten vor einem Monat und bei der Wahl der Ausländerbeauftragten am Donnerstag nicht von ihnen kamen. Dabei gerät fast in Vergessenheit, dass es offensichtlich nicht nur zwei Abgeordnete gibt, die Kreuzchen für die Rechten machten. Bei der Besetzung des Jugendhilfeausschusses am späten Donnerstagabend gab es gar 20 und 21 Stimmen für zwei rechte Kandidaten - dennoch verfehlten beide Kandidaten den Einzug in das Gremium deutlich.

"Diffusionsebene zwischen CDU und NPD"?

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle, der seine Mannschaft geschlossen gegen die Rechtsextremen stehen sieht, hält die Wahl im Jugendhilfeausschuss nicht unbedingt für katastrophal. Laut Verfassung stünden der NPD Sitze in Ausschüssen zu, darum komme man nicht herum. Es könne schon sein, dass jemand statt der verordneten Stimmenthaltung zur NPD ein Ja abgegeben habe. Für PDS-Fraktionschef Peter Porsch ist das ein weiteres Indiz dafür, dass es eine "Diffusionsebene zwischen CDU und NPD" gebe. "Wenn man deutlich machen will, dass man Nazis im Parlament politisch nicht will, ist Enthaltung angesagt."

Leipzigs SPD-Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee indizierte am Freitag eine systematischen Untergrabung der demokratischen Kultur in Sachsens Landtag. Besonders verwerflich sei, dass die abtrünnigen Abgeordneten nicht aus der Deckung kämen. "Dadurch geraten alle demokratischen Parteien in Verdacht." SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss verlangte von den Landtagsabgeordneten, sich weiterhin mit der NPD auseinander zu setzen. "Die sind auf ekelhafte Weise intelligent. Wir brauchen gute Sachargumente, um die Demokratie zu verteidigen."

Stunk in der Fraktionssitzung

Besonders herb dürfte die Abstimmung Regierungschef Georg Milbradt (CDU) getroffen haben. Schließlich hatte er nur wenige Stunden zuvor eindringlich vor der Gefahr von Rechts gewarnt - doch sein Appell wurde nicht von allen gehört. "Es kommt jetzt mehr denn je darauf an, einen geschlossenen Eindruck zu vermitteln", wird er aus der Fraktionssitzung am Tag danach zitiert. Ob sich das nur auf Anwesenheiten in der Plenarsitzung bezog, blieb offen. Auf jeden Fall hieß nach der Sitzung: "Da war der Teufel los."

Eines hat die NPD zusammen mit den "Kamikaze-Fliegern", wie der einstige CDU-Innenminister Heinz Eggert die Abweichler bei den Abstimmungen nennt, erreicht: Es herrscht Misstrauen in Sachsens Landtag. Eggert warnte: "Wir dürfen uns nicht politisch lähmen lassen."

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Petra Strutz/DPA