Bereits vier Tage nach dem Überfall vom Ostersonntag auf den zweifachen Familienvater muss die Landeshauptstadt Brandenburgs - weltweit bekannt durch Schloss Sanssouci - erste sichtbare Folgen für den Tourismus verkraften. Aus Angst vor rassistischen Übergriffen stornierte eine nigerianische Regierungsdelegation ihre Zimmer in einem Innenstadt-Hotel. "Ursprünglich hatten die 15 Teilnehmer eines Wirtschaftskongresses Übernachtungen für eine Woche gebucht", sagt Hotel-Direktorin Beate Fernengel.
Imageschaden beträchtlich
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) betont die Notwendigkeit, deutliche Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu setzen: "Der Imageschaden für Potsdam und die Auswirkungen des Angriffs auf den Tourismus sind noch nicht absehbar." So erwägen die Veranstalter eines für den Herbst geplanten Ärztekongresses bereits eine Absage. Jakobs rechnet damit, dass mehrere tausend Potsdamer an der Kundgebung an diesem Freitag teilnehmen werden. Nach den Worten des amtierenden SPD-Landesgeschäftsführers Lars Krumrey stärken die Festnahmen allen Menschen den Rücken, die in den vergangenen Tagen für Toleranz und Weltoffenheit eingetreten sind.
Solidaritätsbekundungen gegen rechte Gewalt
Die Festgenommenen sind zwei Männer im Alter von 29 und 30 Jahren aus Potsdam und Umgebung. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft deuten die Umstände der Tat auf Ausländerhass als Motiv hin. "Wir werden erst ruhen, wenn die Täter überführt sind", versichert Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). "Die aktuelle Stimmung ist von Entsetzen geprägt, aber die vielen Solidaritätsbekundungen zeigen, dass rechte und fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Stadt nicht geduldet werden", ist sich Oberbürgermeister Jakobs sicher.
Supermarkt spendet Erlöse an Opfer-Familie
Bereits am Mittwoch waren mehrere hundert Potsdamer zu einer Fürbitt-Andacht für den 37-jährigen Wasserbau-Ingenieur gekommen. Die Frau des Opfers bedankte sich für die Anteilnahme an dem Schicksal ihres Mannes. Es laufen bereits zahlreiche Spendenaufrufe. So will eine Supermarkt-Kette ein Prozent des Wochenumsatzes von 14 Filialen der Familie des Opfers zur Verfügung stellen. In der City hängten Jugendorganisationen bereits Poster aus, auf denen Passanten farbige Handabdrücke und Namen hinterließen unter dem Motto "Potsdam bekennt Farbe". Und die Fußballmannschaft von FC Turbine Potsdam wird ihr Samstagsspiel der Frauen-Bundesliga unter das Motto "Gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" stellen und Teile der Einnahmen spenden.
Angst unter Ausländern grassiert
"Es ist bei allen Schock und Schreck da, aber die Stadt zeigt Gesicht", sagt die Ausländerbeauftragte Potsdams, Magdolna Grasnick. Nach ihren Angaben leben unter den rund 146 000 Potsdamern etwa 6700 Ausländer. "Viele von ihnen meinen, dass ein solcher Überfall überall passieren kann." Auch unter den rund 1800 ausländischen Studenten an der Universität Potsdam macht sich nach Auskunft des Akademischen Auslandesamtes "Angst breit". Dennoch hofft Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU), dass der Angriff Studenten und Wissenschaftler aus dem Ausland nicht abhalten wird, nach Potsdam zu kommen. "In der Forschung und in der Kultur brauchen wir Internationalität."