Schluss mit dem monatelangen Streit: CDU und CSU haben sich am Sonntagabend auf gemeinsame Grundsätze in der Steuerpolitik geeinigt. CDU-Chefin Angela Merkel und der bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) verständigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) darauf, dass die Union nun geschlossen "einen völligen Neuanfang bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer" anstreben will. Ziel sei die massive Vereinfachung des Steuerrechts und eine Senkung der Steuerlast, hieß es nach den mehrstündigen Beratungen, an der auch andere Spitzenpolitiker beider Parteien teilnahmen. Einzelheiten zum gemeinsamen Entwurf wurden allerdings nicht verraten. Das Präsidium der CDU wird sich heute voraussichtlich mit dem Vorschlag beschäftigen.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte im Anschluss an Sitzung der dpa: "Wichtig ist, dass die Union ein neues Steuerrecht will. Es wird mit uns kein Herumdoktern am bisherigen verbürokratisierten System mehr geben."
Nach den Worten des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber sind CDU und CSU in ihrem Steuerstreit "erheblich aufeinander zugegangen". In Berlin sagte der CSU-Vorsitzende am Montag: "Es gibt jetzt die klare Aussage an die Bundesregierung, dass wir nicht bis 2006 oder 2007 warten, sondern 2004 die Reform wollen." Dabei müsse es zu einem "völligen Neuansatz" im deutschen Steuersystem kommen.
Regierung unter Zugzwang setzen
CDU und CSU wollen die Regierungskoalition damit 2004 unter Zugzwang setzen. SPD und Grünen sollen aufgefordert werden, klar zu sagen, ob sie bereit seien, einen radikalen Neuanfang im Steuerrecht mitzutragen. Dazu müsste die Koalition zwingend einen Gesetzentwurf vorlegen. Insgesamt signalisiert die Union ihre Bereitschaft, unter diesen Voraussetzungen mit der Regierung in diesem Jahr über eine große Steuerreform zu verhandeln.
In einer gemeinsamen Erklärung beider Parteien, die der dpa vorliegt, heißt es: "Ein neues Steuerrecht muss einfach, gerecht und übersichtlich sein. Die Ermittlung von Einkünften muss von einer bereiten Bemessungsgrundlage und niedrigen Steuersätzen ausgehen." Mit dem Hinweis auf die breite Bemessungsgrundlage schlagen beide Parteien den Weg ein, bisherige Steuervergünstigungen zu Gunsten von allgemein niedrigeren Steuersätzen zu streichen.
Dies war der Grundgedanke des Steuerkonzepts der CDU, dass von Fraktionsvize Friedrich Merz erarbeitet worden war und auf dem Parteitag im Dezember in Leipzig beschlossen wurde. Die CSU wollte mit ihrem Konzept zu Jahresbeginn ebenfalls in diese Richtung gehen, allerdings nicht so radikal wie die CDU.
Effektive Entlastung soll zehn Milliarden Euro betragen
Die Parteiführungen vereinbarten, dass die Bürger insgesamt um zehn Milliarden Euro effektiv entlastet werden sollen. Dies sei schon notwendig, um individuelle Härten beim Streichen von Steuervergünstigungen zu vermeiden und Deutschland insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen, hieß es. Die Begrenzung auf zehn Milliarden Euro könnte die CSU als Erfolg für sich verbuchen, da nach ihren Berechnungen das Merz-Modell der CDU insgesamt zwar größere Entlastungen für den Bürger bringen würde, aber umgekehrt auch die öffentlichen Haushalte mehr kosten könnte. Nach Ansicht der CSU lässt die Kassenlage dies aber nicht zu. Merz hatte die Darstellungen der CSU jedoch zurückgewiesen.

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Zur Diskussion mit der CDU über die Frage, ob es bei der künftigen Steuer ein Stufenmodell geben soll, wie es die CDU will, oder eine von der CSU favorisierte progressiv-lineare Besteuerung sagte Stoiber: "Wir sind da offen, aber es muss finanzierbar sein." "Stufen sind teurer. Darin liegt für mich das Problem", sagte er.
Noch keine Einzelheiten
Insgesamt enthält die Erklärung noch keine Aussagen, welche Steuervergünstigungen im einzelnen gestrichen werden sollen. Die CDU will nahezu alle Vergünstigungen abbauen. Die CSU will insbesondere an der Pendlerpauschale festhalten. Auch zum Tarifverlauf - dem zweiten großen Streitpunkt der vergangenen Wochen - ist noch nichts Detailliertes gesagt. Die CDU schlägt einen Stufen-Tarif mit 12, 24 und 36 Prozent an Steuersätzen vor. Die CSU favorisiert einen linear-progressiven Tarif mit einem leicht höheren Eingangs- und Spitzensteuersatz von 13 beziehungsweise 39 Prozent.
Mit der Klärung der Details sollen sich in den nächsten Wochen Merz und bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser beschäftigen. Detaillierte Leitsätze sollen dann am 7. März auf der gemeinsamen Präsidiumssitzung verabschiedet werden. Festgeschrieben ist jetzt aber bereits, dass das Steuerrecht familienfreundlicher werden soll. Darüber hinaus soll die Gewerbesteuer wegfallen. Stattdessen würden die Kommunen nach dem Unions-Plänen einen festen Anteil an der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer zufließen. Auf Betreiben der CSU soll darüber hinaus der Mittelstand bei der Erbschaftsteuer entlastet werden.