Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Roland Koch hat die Politik von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen vehement gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen verteidigt. "Ursula von der Leyen ist für die gesamte CDU ein riesiges Glück", sagte Koch in einem Interview mit dem stern. "Was sie will, auch ganztägige Betreuung, steht seit langem im CDU-Programm. Aber mit ihr an der Spitze wird es wirklich gelebt und auch wahrgenommen."
Koch räumte allerdings ein, dass von der Leyens Pläne "eine tektonische Verschiebung" in der CDU-Familienpolitik bedeuteten. "Das ist für die CDU nicht einfach. Aber wir müssen diesen Schritt gehen, sonst werden immer mehr Familien kinderlos bleiben." Ein Konservativer müsse Realist sein, sagte der CDU-Vize. "Arbeiten werden die jungen, oft gut ausgebildeten Frauen auf jeden Fall. Die Frage ist, ob aus ihren Kinderwünschen auch Kinderwirklichkeit wird."
"Menschen sollen sich umeinander kümmern"
Der hessische Ministerpräsident plädierte dafür, angesichts des Zwangs zu immer mehr Mobilität "Sozialbeziehungen ein Stück weit außerhalb der Familie zu organisieren. Freundschaften, Patenschaften, Nachbarschaften. Die Menschen sollen sich gefälligst umeinander kümmern", sagte Koch dem stern. Die alte Idylle existiere nicht mehr. "Sie war oft eng und klein. Wer das verteidigt, ist wirklich reaktionär."
Indirekt nahm Koch seinen baden-württembergischen Amtskollegen Günther Oettinger in Schutz, der in seiner Trauerrede auf Hans Filbinger dessen Rolle in der NS-Zeit verharmlost hatte. "Konservative müssen damit leben, dass gerade im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte jeder Millimeter jedes Satzes aufs Schärfste untersucht wird. Die öffentliche Gelassenheit gegenüber der Lebenslüge des Linken Günter Grass kann da nur wundern", so Koch zum stern. Dennoch sei es richtig, "dazu zu reden, selbst mit dem Risiko, dass ein Punkt misslingt."