Die schwarz-gelbe Koalition will offenbar nicht den Arbeitslosenbeitrag erhöhen. Wie stern.de aus hochrangigen Koalitionskreisen erfahren hat, soll das Defizit bei der Bundesagentur für Arbeit durch einen Milliardenzuschuss des Bundes ausgeglichen werden. "Wir können doch nicht einseitig die Arbeitnehmer für die Folgen der Finanzkrise haften lassen", hieß es. Deswegen sei es verfehlt, den Beitrag anzuheben. Dadurch würden auch die Arbeitskosten steigen, was in der Krise zusätzliche Arbeitsplätze kosten würde.
Bislang ist geplant den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung Anfang des Jahres 2011 von derzeit 2,8 auf 3,0 Prozent des Bruttolohns anzuheben. In den letzten Tagen war jedoch spekuliert worden, dass die neue Regierung den Satz stärker anheben könnte. Die Arbeitslosenversicherung leidet besonders unter der Wirtschaftskrise. Im ersten Halbjahr verzeichnete sie ein Defizit von zehn Milliarden Euro, spätestens gegen Ende des Jahres dürfte ihr Finanzpolster von 16 Milliarden Euro aufgebraucht sein. Im kommenden Jahr benötigt sie deshalb ein Darlehen von 15 bis 20 Milliarden Euro. Bis 2013 könnten weitere 30 Milliarden Euro fällig werden. Das Darlehen für das nächste Jahr will die neue Regierung nun offenbar in einen Zuschuss umwandeln. Damit kommt Schwarz-Gelb einer Forderung der Gewerkschaften entgegen. Sie hatten zuletzt Bundeshilfen verlangt, damit die Arbeitnehmer nicht allein die Folgen der Finanzkrise schultern sollen.
Die Finanznot der Arbeitslosenversicherung hat die Große Koalition allerdings auch teilweise selbst verschuldet. So senkte sie zum Jahresbeginn den Arbeitslosenbeitrag um 0,5 Prozentpunkte ab, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt die Krise längst abgezeichnet hatte. Allein dies führte dazu, dass die Bundesagentur nur noch 11, 1 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2009 einnahm - ein Siebtel weniger als vor einem Jahr.
Eventuell auch Zuschuss für Kassen
Für die gesetzliche Krankenversicherung könnten ebenfalls zusätzliche Staatsgelder fließen. Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder kündigte im ZDF an, dass der Staat den Krankenkassen mit weiteren Mitteln helfen könnte. Allerdings erhalten die Kassen schon in diesem Jahr über elf Milliarden Euro als Bundeszuschuss. Wie es in Koalitionskreisen heißt, prüfe man diesen Zuschuss einmalig auf 19 Milliarden Euro aufzustocken. Im nächsten Jahr droht den gesetzlichen Kassen ein Defizit von 7,5 Milliarden Euro. Grund dafür ist, dass die Kassen aufgrund der Wirtschaftskrise weniger Beiträge einnehmen. Allerdings hat die schwarz-rote Koalition auch die Ausgaben für Ärzte und Kliniken zuletzt stark erhöht. Allein die niedergelassenen Ärzte erhalten in den Jahren 2008 und 2009 gut 3,5 Milliarden Euro mehr.
Das Geld für die neuen Bundeszuschüsse will die Koalition möglicherweise über einen dritten Nachtragshaushalt bereitstellen. Dies ist haushaltstechnisch allerdings nicht ganz einfach. Eventuell greift die Regierung daher auf den Investitions- und Tilgungsfonds zurück, den die alte Regierung mit dem zweiten Konjunkturpaket vereinbart hat. Aus diesem Sondervermögen werden für 2009 und 2010 rund 20 Milliarden Euro für die Abwrackprämie und Investitionen aufgebracht. Allerdings ist aus dem Finanztopf in diesem Jahr weniger abgeflossen als geplant war. Diese Mittel könnten entsprechend umgewidmet werden, hieß es.