Die Unzufriedenheit der Deutschen mit den Parteien ist groß. Nur ein Viertel der Bürger hält nach einer Umfrage des Forsa-Institutes für den stern die Arbeit der Parteien für zufriedenstellend. Mehr als 60 Prozent sind weniger oder überhaupt nicht zufrieden. Ein Eintritt kommt für die meisten nicht infrage: Nicht einmal jeder Fünfte von den befragten Bürgern, die bislang kein Mitglied einer Partei sind, kann sich das vorstellen. 82 Prozent lehnen eine Mitarbeit ab.
Nach den Gründen gefragt erklärte knapp die Hälfte (47 Prozent), der Parteiklüngel schrecke sie ab. An zweiter Stelle wird mangelnde Zeit (43 Prozent) genannt. Andere Antworten: Man habe darüber noch nie ernsthaft nachgedacht (43 Prozent) oder glaube nicht, da etwas bewirken zu können (42 Prozent). 30 Prozent stimmen inhaltlich mit keiner Partei überein. Zu hohe Beiträge hindern 18 Prozent am Partei-Eintritt.
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2000 weniger Mitglieder pro Monat
Die Volksparteien schrumpfen seit langem. Am stärksten trifft es die SPD. Jeden Monat verliert sie netto rund 2000 Mitglieder. Nur noch 545.000 Genossen sind zurzeit dabei – 230.000 weniger als vor zehn Jahren. Mit einem neuen Programm , das beim Modernisierungsparteitag kommende Woche in Hamburg zur Abstimmung steht, will die Partei wieder attraktiver werden. Die CDU (544.000 Mitglieder) verlor im gleichen Zeitraum 90.000 Anhänger. Nur die CSU und die anderen kleinen Parteien bleiben vom Exodus verschont.
Das Dilemma der Parteien: Sie sind zu alt. Fast die Hälfte (mehr als 40 Prozent) der Mitglieder von Union und SPD sind 60 Jahre und älter. Der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer erklärt den Nachwuchsmangel so: "Junge Menschen sind nicht mehr bereit, die Ochsentour durch die Hierarchien mitzumachen. Sie gehen eher in Organisationen wie Attac, wo sie zeitlich begrenzt, zielgerichtet und themenbezogen arbeiten können."
Schnuppermitgliedschaften und virtuelle Ortsvereine
Zudem würden die Parteien darunter leiden, dass sich die sozialen Milieus aufgelöst haben. Niedermayer: "Die typische Arbeiterfamilie etwa, wo der Vater traditionell Gewerkschafts- und dann auch SPD-Mitglied ist, gibt es doch heute kaum noch." Er sieht die Gefahr, dass die Parteien bei anhaltendem Mitgliederschwund "ihr Ohr nicht mehr am Puls des Volkes haben". Bestimmte Schichten, die nicht in Parteien gehen, würden völlig abgehängt.
Um den Trend zu stoppen, sind bei den Parteien Schnuppermitgliedschaften, projektbezogene Mitarbeit oder virtuelle Ortsvereine im Gespräch, die im Internet politische Fragen debattieren.