Beschämend, wie still das politische Berlin auf den Mord an der russischen Journalistin und Putin-Kritikerin Anna Politkowskaja reagiert. Der Europarat fordert Aufklärung, selbst das US-Außenministerium ist "schockiert" über den Mord an der Reporterin. Aber aus Deutschland hört man nur Proteste grüner Oppositionspolitiker.
Gewiss, es gibt - bisher - keine Beweise, dass der mutmaßliche Auftragsmord von dem russischen Geheimdienst FSB oder anderen staatlichen Stellen bestellt wurde. Aber die Morde an russischen Journalisten häufen sich, ohne dass die Täter gefunden und abgeurteilt würden.
Ich habe Anna Politikowskaja nur einmal getroffen, als uns beiden im vergangenen Jahr der Leipziger Medienpreis verliehen wurde - den sie sehr viel mehr verdient hatte als ich. Meine Frau Katja Boxberg interviewte sie im Mai 2005 für die finnische Zeitung Kauppalehti, und Politikowskaja erzählte von den Drohungen, denen sie ständig ausgesetzt sei. Aber solle sie, die in den USA geboren wurde, deswegen nun nach Amerika ziehen und "Reden halten", fragte sie. "Was wird dann aus den Menschen in Tschetschenien?"
Preise wie den in Leipzig sah sie als eine Art "Lebensversicherung" an. Würde man ihr etwas antun, wäre das international zu peinlich für Putins Russland. Das glaubte sie. Und es war falsch.
Wenn Regierungen nun beschämt schweigen, so wie die deutsche, dann geht das Kalkül der Moskauer Journalistenmörder auf.