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Tradition statt CSU in Bayern Weißblauer Widerstand

Tradition statt CSU – Seehofer und Söder treffen auf Widerstand
Die "Schwuhplattler" sind so traditionsbewusst wie schwul. "Je weiter man in das Milieu klassischer CSU-Wähler vordringt, desto mehr wird klar, wie unberechenbar die aktuelle Linie der Partei für die eigenen Leute sein muss."
© Fritz Beck/stern
Die CSU verstört mit ihrem Kurs vermeintliche Freunde wie bekennende Feinde. Und zwar nicht nur außerhalb Bayerns. Begegnungen in einem eigensinnigen Land.
Von David Baum

Für ein kurzes Idyll sorgt ausgerechnet prasselnder Regen. Als an einem Samstagspätnachmittag das Wärmegewitter über die Münchner Innenstadt kommt, fliehen unter die Arkaden des Marienplatzes schrill aufgebrezelte Teilnehmer der Christopher-Street-Day-Parade, schaulustige syrische Flüchtlingsbuben und Vertreter einer Trachtengruppe, die auf dem Viktualienmarkt mit Peitschen das traditionelle "Goaßlschnalzen" aufgeführt hatten.

Alle ganz nah beieinander. Ein seltenes Bild. Denn die Flüchtlingspolitik spaltet das Land. Der Riss geht mitten durch die Milieus – auch durch das der traditionsbewussten Bayern.

"#ausgehetzt"

"Dabei sind sich damals, als die vielen Geflüchteten in München angekommen sind, Leute nahegekommen, die zuvor nie etwas miteinander zu tun gehabt haben", sagt der Münchner Aktivist und Flüchtlingshelfer Thomas Lechner. "Dass ich, der an keinen Gott glaubt, einmal mit Christen und Muslimen so viel Zeit verbringen, mit CSU-Leuten aus der Verwaltung an der Lösung von Fachfragen arbeiten würde, hätte ich mir nie vorstellen können." Heute ist er selbst einer, der Stunk macht – als Initiator einer Großdemo unter dem Titel "#ausgehetzt", die Sonntag vor zwei Wochen um die 30.000 Menschen auf dem Münchner Königsplatz versammelte.

Diakon Rainer Fuchs ist im selben Nürnberger Viertel wie Markus Söder aufgewachsen
Diakon Rainer Fuchs ist im selben Nürnberger Viertel wie Markus Söder aufgewachsen
© Fritz Beck/stern

Schon eine Woche zuvor war es am Nachmittag der Parade zum Christopher Street Day zu Auseinandersetzungen gekommen, als sich der schwul-lesbische Umzug nicht in Bewegung setzen konnte, weil Aktivisten per Sitzblockade zu verhindern suchten, dass sich ein Wagen queerer CSU-Mitglieder einreihen darf. Ausgerechnet die Toleranten unter den jungen CSUlern sollten ausgegrenzt werden. Die Nerven liegen eben blank, seit der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Horst Seehofer, CSU-Chef und Bundesinnenminister, in Flüchtlingsfragen auf ein informelles Bündnis mit den rechten Regierungen Österreichs und Italiens setzen und offenbar auch zu einer gemeinsamen Sprache der Empathielosigkeit gefunden haben.

Im Rest der Republik stellen sich viele die Frage, wieso Vertreter eines einzelnen Bundeslandes, das gerade einmal etwa ein Achtel der Gesamtbevölkerung ausmacht, die Politik des gesamten Landes vor sich hertreiben sollen. Zumal die regierende CSU auch in Bayern auf immer mehr Kritik stößt. "Gerade jene, die gegen Verallgemeinerungen und Vorurteile eintreten, haben offenbar vergessen, dass auch die Bayern keine homogene Masse sind", sagt Jörg Brühmann. Der 34-jährige Biologe gehört keiner Partei oder Aktivistengruppe an, und doch ist er in den vergangenen Wochen zu einem effektiven Widersacher der offiziellen bayerischen Politik geworden. Mit einer Fotografie von sich in bayerischer Tracht und einem selbst gemalten Schild mit der Aufschrift "Ned mei Bayern, ned mei Horst" hat er in den sozialen Medien für Aufsehen gesorgt.

"Die CSU hat Jahre nichts richtig Schlimmes angestellt", sagt Brühmann.

Kabarettist Hannes Ringlstetter (r.) mit den Bayern-Allstar-Rappern. Zusammen haben sie eine Hymne gegen die Furcht verfasst
Kabarettist Hannes Ringlstetter (r.) mit den Bayern-Allstar-Rappern. Zusammen haben sie eine Hymne gegen die Furcht verfasst
© Fritz Beck/stern

"Wir haben dadurch vieles hingenommen." Dabei sei in Vergessenheit geraten, dass die Bayern die Nachfahren großer Aufmüpfiger seien, wie des Räubers Kneißl und der Anti-Atom-Demonstranten von Wackersdorf. Zu lange sei es zu gemütlich gewesen, die Protestfähigkeit abhanden gekommen. "Als Seehofer gesagt hat, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, hat's mir gelangt", sagt Brühmann. Nicht nur wegen der Aussage selbst, sondern "weil mir dieses Hinterherrennen nach AfD-Inhalten endgültig zu viel war". Als sein Protestmotiv tausendfach geteilt wurde, sei ihm klar geworden, wie sehr er den Nerv getroffen hat. Und dass die Zahl derer, die wie er denken, unerwartet groß sein müsse.

Das Murren und Aufbegehren hat vielfältige Ausdrucksformen. Immer öfter muss sich Ministerpräsident Söder mit Protestaktionen auseindersetzen. Die Parteizentrale der CSU wurde mit einem großen CDU-Logo überklebt, beim Besuch in der Münchner Filmhochschule übergossen sich Studenten mit Wasser und legten sich ihm – wie Leichen – in den Weg.

"German Angst"

Auch der Kabarettist und Fernsehmoderator Hannes Ringlstetter sagt, er sei überrascht worden, als ein Clip aus seiner Late-Night-Show plötzlich viral gegangen sei. Schon im Mai hatte er diverse Musiker, die im bayerischen Dialekt rappen, ins Studio des Bayerischen Rundfunks eingeladen – und aufgefordert, Reime zur Bibelzeile aus dem Lukas-Evangelium "Fürchtet Euch nicht" zu einem Song zusammen zufügen. Daraus ist so etwas wie eine Hymne gegen die "German Angst" entstanden – auch wenn einem Großteil der außerbayerischen Zuhörerschaft ein Rätsel bleiben wird, was Dialektzeilen wie "Scheißt's Eich ned ei und tuat's Eich ned obi" bedeuten. Grob könnte man sagen: Macht euch nicht in die Hose und keine Sorgen.

"Es ist ein bayerisches Phänomen, dass viele gegen die CSU wettern, diese aber trotzdem wählen, weil sie glauben, das Land damit zu stärken", sagt Ringlstetter. Die Partei habe es verstanden, "alles zu dominieren. Selbst wenn sie sich untereinander streiten, weiß am Ende kaum einer, wie die Spitzenkandidaten der anderen Parteien überhaupt heißen." Nun habe diese Taktik ihren Zenit erreicht: "Auf einmal profitiert nämlich die AfD."

Sogar Linksradikale berufen sich in Bayern auf Lokalkolorit. Hans, Mitbegründer der "Königlich Bayerischen Antifa", sieht sich in der Tradition der bayerischen Räterepublik Kurt Eisners
Sogar Linksradikale berufen sich in Bayern auf Lokalkolorit. Hans, Mitbegründer der "Königlich Bayerischen Antifa", sieht sich in der Tradition der bayerischen Räterepublik Kurt Eisners
© Fritz Beck/stern

Ringlstetter sitzt im Restaurant des Regensburger Boutiquehotels Orphée, es ist jener Dienstag, an dem Horst Seehofer seinen "Masterplan" vorstellt. Einige Partner des "Joint Venture gegen Angstmacherei" sind gekommen, Franz Liebl, Achim Schneemann und Harold Merl, die unter ihren Künstlernamen "Monaco F," "Maniac" und "Liquid" bekannt sind. Sie stammen aus ländlichen Ecken Bayerns, Wasserburg am Inn, Landshut und Regenstauf, dort wo die CSU Hausmacht ist. "Die sind Meister der Vereinnahmung", sagt Liebl, und Ringlstetter berichtet der Runde, wie er selbst nur knapp der Umarmung entkommen sei. Vergangenes Jahr habe ihm der inzwischen zum Bundesverkehrsminister aufgestiegene Andreas Scheuer im Bierzelt gegenüber gestanden und ihm zu seinem Song "Niederbayern" gratulieren wollen – einem Heimatlied, das ziemlich kritisch zu verstehen ist, "sofern man zuhören kann", wie Ringlstetter sagt. Er habe Scheuer den Handschlag verweigert. "Sonst wird das sofort auf jeder Wahlkampfveranstaltung gespielt."

Sich abzugrenzen sei manchmal hart und fordere Opfer, in ihrem Fall sogar den Verzicht auf Trachtenlederhosen. "Wir haben die früher gern angehabt, ganz urtümlich, weil man sich darin guten Gewissens einsauen kann", sagt Ringlstetter.

Tradition statt CSU

Im Dialekt zu rappen sei eine Art Rückeroberung von Heimat, erklärt Achim Schneemann. Dabei müsse der Spagat gelingen, nicht als Volkstümler missverstanden zu werden. "Ich glaube nicht, dass man Nationalismus mit Regionalstolz begegnen kann."

Die Frage, wer die Hoheit über Traditionen, Dialekt und bayerische Authentizität beanspruchen darf, scheint die Bayern zu bewegen. Zum Beispiel Sepp Stückl und seine Freunde Stephan Niederleitner und Wolfgang Hausner, alle drei honorige Herren mit ebensolchen Berufen, zwei davon sogar in bayerischen Landesministerien beschäftigt. Von ihnen hat jedenfalls keiner Berührungsängste gegenüber der Tracht, vielmehr stört es sie, wenn man sie deshalb als konservativ zwangsverortet.

Was die Männer eint, ist ihre sexuelle Orientierung – und die Liebe zur Tradition. "Natürlich sind viele überrascht, wenn sie uns sehen, weil wir ihren Klischees von Schwulen widersprechen", sagt Niederleitner. Als homosexuelle Trachtengruppe "Schwuhplattler" gelten sie bayernweit als Attraktion, in der Volkstanzszene sind sie dennoch Außenseiter. "Wir haben über die Jahre gelernt, dass man Toleranz nicht einfordern kann", sagt Hausner. "Entweder die Leute sind es, oder sie sind es nicht." "Schwuhplattler"-Vorstand Stückl war sogar einmal Mitglied in CSU und katholischer Kirche. "Ich bin bei beiden ausgetreten, ich schicke kein Geld an Leute, die mich nicht akzeptieren", sagt er. Einen Gott gibt es trotzdem. Ihn und seinen Lebenspartner hat schließlich ein altkatholischer Priester als Paar gesegnet.

Tanja und Jürgen Burkhard stehen für den Mittelstand und wollen nicht akzeptieren, dass Mitarbeiter abgeschoben werden
Tanja und Jürgen Burkhard stehen für den Mittelstand und wollen nicht akzeptieren, dass Mitarbeiter abgeschoben werden
© Lorraine Banksy

Erstaunlicherweise bekennen sich selbst Gruppierungen am äußersten linken Rand zu diesem Lokalkolorit – eigentlich ein No-Go in der Szene. Eine Aktivistengruppe, die sich halbironisch "Königlich Bayerische Antifa" nennt, hat das übliche Logo der linksradikalen Bewegung mit der weiß-blauen Fahne versehen. Zur Vermummung binden sie sich schon mal das bayerisch-karierte Schnupftuch übers Gesicht. "Ich hatte nie vor, linksradikal zu werden", sagt einer der Aktivisten, der sich Hans nennt und seine schwarzen Rastalocken unter einem Kapuzenpulli versteckt. "Aber die Rechten in Bayern machen einen dazu, man kommt nicht umhin, wenn man gegen Nazis angehen will. Mit 'Gewerkschaftsgrillen gegen rechts' bewirkt man jedenfalls nichts." Und in noch einem anderen Punkt unterscheiden sich diese Linken von vielen Kameraden in anderen Ländern: Sie kommunizieren offenbar sogar mit Vertretern der Polizei.

Thomas Bentele, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, muss schmunzeln, als er hört, dass ihn ausgerechnet die Antifa als Gesprächspartner empfohlen hat. "Ich kann mir vorstellen, wer das war", sagt er. "Die haben nach dem G20-Gipfel auf unserer Facebook-Seite rumgestänkert, und als ich dann Gesprächsbereitschaft gezeigt habe, waren sie erst überrascht, dann neugierig." Immerhin: ein bisschen Frieden. Das sei das wahre Wesen Bayerns, zumindest wie er es sich vorstelle, sagt der gebürtige Augsburger Bentele: "Wo man aufeinander zugeht und das Gemeinsame über das Trennende stellt."

Abschiebung trotz Arbeit

Am Abend zuvor war genau dies misslungen. Es war der Tag, an dem das Urteil im NSU-Prozess gesprochen wurde. Ein Protestzug unter dem Motto "Kein Schlussstrich" zog durch München, die Hinterbliebenen der Ermordeten mit den Porträts ihrer Toten voran. Eines der Opfer der Neonazis war eine Polizistin. Trotzdem grölten Demonstranten: "Polizisten, alles Faschisten!" Ein dunkelhäutiger Beamter, der die Demo schützte, zuckte hilflos lächelnd mit den Schultern.

Streng genommen müsse jeder deutsche Polizist überzeugter Antifaschist sein, sagt Bentele –"in einem bürgerlichen und gewaltfreien Sinne". Dass es viele auch sind, würde manchem Demonstranten das Weltbild verhageln.

Demo-Organisator und Aktivist Thomas Lechner hat unter dem Motto "#ausgehetzt" rund 30.000 Bayern gegen die CSU auf die Straße gebracht
Demo-Organisator und Aktivist Thomas Lechner hat unter dem Motto "#ausgehetzt" rund 30.000 Bayern gegen die CSU auf die Straße gebracht
© Fritz Beck/stern

Gerade die bayerische Polizei spielt in einer der großen Auseinandersetzungen dieser Tage eine zentrale Rolle. Seit Mai gilt das neue Polizeiaufgabengesetz, für das die CSU verantwortlich zeichnet und in dem manche Kritiker bereits einen Vorboten des Polizeistaats sehen. Natürlich seien gerade Polizeibeamte besonders sensibilisiert, was etwa Aktionismus seitens der Regierung anbelangt, sagt Bentele. "Schließlich sind es unsere Leute, die das alles ausführen und an den Grenzen stehen müssen." Wie geht man als Grüner und Gewerkschafter im Polizeiapparat damit um, Abschiebungen durchsetzen zu müssen? Gibt es da intern auch Gewissensbisse, kommen Kollegen, die sich dazu beraten lassen? Da denkt er etwas länger nach. "Sagen wir so, ich nehme an, dass es solche gibt. Aber der Fall ist diesbezüglich ganz klar. Es gibt keine Möglichkeit, sich dem zu verweigern, außer den Dienst für immer zu quittieren." Inzwischen geht es der CSU auch ans Stammklientel. "Als Vertreter einer christlichen Kirche distanziere ich mich deutlich von der Politik der CSU, weil es mit unseren Werten nichts mehr zu tun hat", sagt der evangelische Diakon Rainer Fuchs, der wegen seines Rocker-Outfits und seiner vielen Tätowierungen eine lokale Berühmtheit ist. "Diese Haltung spüren wir auch bei vielen Gläubigen, die grundsätzlich der CSU nahestehen."

Je weiter man in das Milieu klassischer CSU-Wähler vordringt, desto mehr wird klar, wie unberechenbar die aktuelle Linie der Partei für die eigenen Leute sein muss. Tanja und Jürgen Burkhard stehen vor einem verwaisten Arbeitsplatz in ihrem Schweißtechnikunternehmen im Allgäuer Kaufbeuren. "Es herrscht so gut wie Vollbeschäftigung", sagt Jürgen Burkhard. "Es war naheliegend, dass wir uns erkundigt haben, ob Asylbewerber für uns als Mitarbeiter infrage kommen."

Mit Handschellen geholt

Muhammed Gul Marof Khail war laut Tanja Burkhard der zuverlässigste unter ihren Arbeitnehmern. "Vier Krankentage in dreieinhalb Jahren", sagt sie anerkennend. Deshalb sei es ihnen auch sogleich seltsam vorgekommen, als er plötzlich nicht am Arbeitsplatz erschienen sei. Erst andere Geflüchtete unter den Mitarbeitern hätten sie darauf aufmerksam gemacht, dass der Bundesinnenminister doch im Fernsehen mit seinen 69 Abgeschobenen geprahlt habe. Als sich Khail per Facebook aus Afghanistan meldete und sich entschuldigte, dass er nicht zur Arbeit kommen konnte, hatten die Burkhards Gewissheit. In den frühen Morgenstunden habe man ihn mit Handschellen aus seiner Mietwohnung geholt und nach Afghanistan ausgeflogen. "Verstehen Sie mich nicht falsch", sagt Tanja Burkhard. "Aber es geht hier ja auch um Planungssicherheit. Wir können vielleicht einen Auftrag nicht erfüllen, denn wir haben niemand, der die Arbeit jetzt macht."

"#ausgehetzt-Demonstration"
"#ausgehetzt-Demonstration"
© David Baum

Ungewollt sind die Burkhards, die ihrem Unmut auf ihrer Firmenseite und im Fernsehen Luft gemacht haben, zu Gesichtern eines Protests geworden, mit dem die verantwortlichen Politiker vermutlich weniger gerechnet haben. "Es gab so etwas wie einen Pakt, einen Deal: Wir stellen die Leute ein, wir leisten damit Integrationsarbeit, dafür wollen wir aber als Arbeitgeber respektiert und informiert werden. Wenn die Regierung neuerdings auch Afghanen abschiebt, die keine Straftäter, Gefährder oder Identitätsverweigeerer sind, sind alle unternehmerischen Mühen den Menschen gegenüber umsonst."

Polizei-Gewerkschafter Thomas Bentele sieht das umstrittene Polizeiaufgabengesetz kritisch und wehrt sich gegen eine Polizei als Spielball der Politik
Polizei-Gewerkschafter Thomas Bentele sieht das umstrittene Polizeiaufgabengesetz kritisch und wehrt sich gegen eine Polizei als Spielball der Politik
© Fritz Beck/stern

Daran scheint sich der Jubilar an seinem 69. Geburtstag nicht erinnert zu haben. Die öffentlichen Statements von verärgerten Arbeitgebern wie den Burkhards haben ebenso Anteil an den katastrophalen Umfragewerten von Markus Söder und der CSU wie die Demonstrationen.

Schweigeminute für NSU-Opfer

Aktivist und Demo-Initiator Thomas Lechner sieht schon neue Koalitionen aufziehen. "München ist inzwischen die deutsche Großstadt mit dem größten Migrantenanteil in der Bevölkerung", sagt er. "Und viele Münchner haben gesehen, dass es funktioniert, und sich mit den Geflüchteten angefreundet." Dass nun so viele Menschen protestieren, habe auch mit diesen Freundschaften zu tun. "Ich spüre, wie die Angst vor den Abschiebungen umgeht, bei allen, auch bei mir selbst. Wir wollen diese Menschen nicht verlieren."

Der Münchner Bürgermeister, diverse Spitzenkandidaten, Schriftsteller, Theaterintendanten, die Bayernrapper und der Kapitän des Seenotretters "Lifeline" sind als Redner und Liveacts bei der "#ausgehetzt"-Demo auf dem Königsplatz aufgetreten. Für den eindrucksvollsten Moment sorgte Lechner selbst, als er zu einer Schweigeminute für die NSU-Opfer und für die auf der Flucht Umgekommenen und Ertrunkenen aufrief. Es war still, so still, wie 30.000 Menschen nur sein können. Eine friedliche Stille war es nicht.

Horst Seehofer und seine Frau Karin

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