Unicef Geschäftsführer will zurücktreten

Der in die Kritik geratene deutsche Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs will sein Amt aufgeben. In einer persönlichen Erklärung übernahm Garlichs die Verantwortung für den Vertrauensverlust in den vergangenen Wochen.

Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs hat seinen Rücktritt angeboten. Das bestätigte der Unicef-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit. Schlagintweit wollte sich aber nicht dazu äußern, ob der Vorstand das Rücktrittsangebot angenommen hat. Laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" hat Garlichs eine persönliche Erklärung an den Vorstand geschrieben. Daraus zitiert die Zeitung: "Für den Vertrauensschaden, der in den vergangenen Wochen entstanden ist, übernehme ich in meiner Funktion als Geschäftsführer die Verantwortung. Ich entschuldige mich bei allen, die unter der öffentlichen Diskussion zu Unrecht gelitten haben."

Garlichs Erklärung im Wortlaut

Liebe Kollegen und Freunde, Unicef hat mir die Möglichkeit gegeben, 18 Jahre an einer der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft mitzuarbeiten: dem Wohlergehen von Kindern und der Verwirklichung ihrer Rechte.

Das Fundament dieser Arbeit ist Vertrauen. Dieses Fundament ist in den vergangenen Wochen erschüttert worden. Das Deutsche Komitee für Unicef hat sich zu einem Neuanfang entschieden. Diesen habe ich von Anfang an entschieden unterstützt.

Ein Neubeginn birgt die Möglichkeit, neu zu denken und zu handeln. Ich habe daher dem Vorstand mitgeteilt, dass ich bereit bin, meine Position als Geschäftsführer zur Verfügung zu stellen. Ich tue dies mit der Überzeugung, dass Unicef die Möglichkeit haben muss, sich mit ungeteilter Kraft der Arbeit für das Wohl von Kindern zu widmen.

Für den Vertrauensschaden, der in den vergangenen Wochen entstanden ist, übernehme ich in meiner Funktion als Geschäftsführer die Verantwortung. Ich entschuldige mich bei allen, die unter der öffentlichen Diskussion zu Unrecht gelitten haben.

Die bitteren Erfahrungen dieser letzten Wochen werden meine Loyalität und meine Leidenschaft für Unicef und seine Arbeit nicht beeinträchtigen. Unicef ist und bleibt eine einzigartige Organisation. Das Deutsche Komitee für Unicef hat in den letzten 18 Jahren seine Einnahmen vervierfacht und in dieser Zeit die erstaunliche Summe von 1,4 Mrd. Euro aus privaten Spenden und dem Grußkartenverkauf mobilisiert. Ein starkes Netz von ehrenamtlichen Arbeitsgruppen engagiert sich bürgerschaftlich für Kinder in Not und fördert durch den persönlichen Einsatz ein Anliegen, das nicht leicht zu vermitteln ist. Auf diese Weise konnte vielen Tausenden von Kindern geholfen werden.

In den Jahren meiner Arbeit habe ich überall auf der Welt wunderbare Menschen kennengelernt. Bei den ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen bedanke ich mich für die tatkräftige und engagierte Unterstützung. Ich bin überzeugt, dass Unicef diese Krise rasch überwinden wird, um seine notwendige und wirkungsvolle Arbeit unbeeinträchtigt fortzusetzen.

Dietrich Garlichs

Unicef habe ihm die Chance gegeben, 18 Jahre lang "an einer der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft mitzuarbeiten". In dieser Zeit habe Unicef "seine Einnahmen vervierfacht und die erstaunliche Summe von 1,4 Milliarden Euro aus privaten Spenden und dem Grußkartenverkauf mobilisiert. Damit konnte vielen Tausenden von Kindern geholfen werden". Das Fundament dieser Arbeit sei Vertrauen, dies sei aber in den vergangenen Wochen erschüttert worden. Das Deutsche Komitee für Unicef habe sich zu einem Neuanfang entschieden, den er voll unterstütze.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die bisherige Vorsitzende Heide Simonis war vergangenes Wochenende aus Protest gegen Garlichs und den Vorstand zurückgetreten. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, dass bei Unicef Aufträge freihändig vergeben und üppige Vergütungen gezahlt würden. Ein dazu angefertigtes Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG soll geschönt wiedergegeben worden sein. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt wegen eines Anfangsverdachts gegen Garlichs. Noch am Mittwoch hatte die Unicef-Spitze einen grundlegenden Neuanfang mit Austausch der Führung abgelehnt.

Die Bundesregierung will angesichts der Vorwürfe die Regelungen zur Transparenz von Spendenorganisationen überprüfen. "Vertrauen stellt sich auch durch Transparenz her. Deshalb werden wir schauen, ob wir die bestehenden Transparenzpflichten verbessern müssen", sagte Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) dem "Tagesspiegel".

Müller erklärte, die Unicef-Führung mache es sich "viel zu einfach", wenn sie die Verantwortung bei der zurückgetretenen Vorsitzenden Heide Simonis ablade. "Was jetzt kritisiert wird, hat doch schon weit vor Simonis' Amtszeit begonnen", sagte Müller.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Besuch aus der Zentrale

In der deutschen Unicef-Zentrale in Köln wird nächste Woche ein hochrangiger Vertreter vom Unicef-Hauptsitz erwartet. Philip O'Brien, Leiter der Abteilung private Spenden und Partnerschaften, will sich mit den Anschuldigungen beschäftigen. Eine Unicef-Sprecherin sagte dazu, dies sei ein "Angebot" von O'Brien gewesen, das man gerne angenommen habe. "Er kann sicherlich eine Menge Know-how einbringen." Der Vorstand sei inzwischen auch in Kontakt mit dem Unicef-Botschafter Joachim Fuchsberger, der die Informationspolitik der Organisation scharf kritisiert hatte.

Unterdessen hat nach einem Bericht des Berliner "Tagesspiegels" auch die Schweizer Unicef-Sektion ein Transparenzproblem. Sie habe bisher nicht das Gütesiegel der nationalen Zertifizierungsstelle. Die Jahresrechnung 2006 sei nicht aussagekräftig gewesen, um die Kriterien zu erfüllen, teilte das Züricher Institut Zewo der Zeitung mit. Die Schweizer Unicef- Geschäftsführerin Elsbeth Müller kündigte aber an, der Jahresbericht für 2007 solle den Kriterien entsprechen.

AP · DPA
DPA/AP