Das Fest der Besinnung ist vorbei, damit auch der "Weihnachtsfrieden" – und so könnte den Bahnkunden schon bald der nächste Arbeitskampf bevorstehen. Der Knackpunkt im Streit zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) bleibt die Forderung, die Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden zu verkürzen – bei vollem Lohnausgleich. Die Situation ist festgefahren, die GDL droht ab dem 8. Januar mit Streiks.
Theoretisch wären die unbefristet möglich, denn dafür sprachen sich 97 Prozent der Mitglieder bei der dafür notwendigen Urabstimmung im Dezember aus. Der Vorsitzende Claus Weselsky betont aber, dass man sich der Verantwortung bewusst sei und spricht von einer Dauer zwischen drei und maximal fünf Tagen. Streiks würde man 48 Stunden vorher ankündigen. Den bisher längsten Streik der GDL gab es im Mai 2015. Damals legte sie den Personenverkehr für fünf Tage und sieben Stunden lahm. Der Güterverkehr stand sogar elf Stunden länger still.
"Es gibt keine zeitliche Höchstdauer"
Grundsätzlich kann die GDL tatsächlich so lange streiken, wie sie will: "Das Recht auf Streik ist ein Grundrecht. Es gibt keine zeitliche Höchstdauer", sagt Stefan Greiner, Arbeitsrechtler an der Uni Bonn. Juristisch relevant ist aber die Frage der Verhältnismäßigkeit. Die kleine Gewerkschaft kann dem Unternehmen und der Gesellschaft großen Schaden zufügen. Gerichte müssen entscheiden, wann er zu groß wird. "Das ist der Fall, wenn die Rechte Dritter zu stark eingeschränkt werden. Beispielsweise wenn Menschen dauerhaft nicht mehr zur Arbeit kommen oder Lieferketten zusammenbrechen", so Greiner.
Dieses Szenario hält der Jurist aber für unwahrscheinlich: "Hier hilft es, dass bei der Bahn zwei Gewerkschaften miteinander konkurrieren. Während die einen streiken, ermöglichen die Mitglieder der EVG und nicht gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter, dass der Notfahrplan funktioniert."
EVG steht für Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft – mit etwa 185.000 Mitgliedern hat diese Gewerkschaft mehr als vier Mal mehr Mitglieder als die GDL.
Die Bahn geht gerichtlich gegen die GDL vor
Illegal sind Streiks übrigens auch, wenn Forderungen unrechtmäßig sind. Mit diesem Argument versuchte die Bahn 2021 einen GDL-Streik gerichtlich zu unterbinden – verlor aber in zwei Instanzen.
Auch gerade geht die Bahn gerichtlich gegen die GDL vor. Das Unternehmen reichte am Dienstag eine Klage beim Hessischen Landesarbeitsgericht ein. Es zweifelt an, ob die Gewerkschaft überhaupt Tarifverträge verhandeln darf. DB-Personalvorstand Martin Seiler wirft der GDL vor, durch das Betreiben einer Zeitarbeitsfirma zuleich als Arbeitgeber und Gewerkschaft aufzutreten. Damit sei die Tariffähigkeit verwirkt, so die Bahn.
Eine Entscheidung aber dürfte dauern und die Klage kaum Einfluss auf die aktuell angekündigten Streiks haben.