Russland und westliche Staaten wie Deutschland haben am Donnerstag so viele Häftlinge ausgetauscht, wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Zwei der wichtigsten Übergaben von Häftlingen seit 1991 wurden nach dem Beginn des Ukraine-Krieges vereinbart. Hier eine Übersicht:
Dezember 2022: Basketballerin gegen Waffenhändler
Die US-Basketballerin Brittney Griner wurde am Flughafen von Abu Dhabi gegen den in den USA verurteilten russischen Waffenhändler Viktor Bout ausgetauscht. Die heute 33-Jährige war im Februar 2022 bei ihrer Ankunft an einem Moskauer Flughafen festgenommen worden, eine Woche vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. In ihrem Gepäck waren Kartuschen für E-Zigaretten mit geringen Mengen Cannabisöl gefunden worden. Wegen Drogenschmuggels wurde die Sportlerin zu neun Jahren Haft verurteilt.
Wenige Tage nach Griners Freilassung wurde im Rahmen eines großangelegten Gefangenenaustauschs von russischen und ukrainischen Soldaten auch der US-Bürger Suedi Murekezi freigelassen. Er war wegen der Teilnahme an pro-ukrainischen Demonstrationen im Juni 2022 im russisch besetzten Osten der Ukraine inhaftiert worden.
April 2022: Ex-Soldat gegen Pilot
Der ehemalige US-Marineinfanteriesoldat Trevor Reed wurde an einem türkischen Flughafen gegen den russischen Piloten Konstantin Jaroschenko ausgetauscht. Reed war 2019 als Student zusammen mit seiner russischen Freundin nach Russland gereist. Dort wurde er festgenommen, weil er in betrunkenem Zustand zwei Polizisten attackiert haben soll, die zu einer Party in Moskau gerufen worden waren. 2021 war Reed zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Im November des Jahres hatte er einen Hungerstreik begonnen.
Jaroschenko war 2010 im westafrikanischen Liberia wegen Drogenschmuggels festgenommen worden. Anschließend wurde er in die USA ausgeliefert und dort zu 20 Jahren Haft verurteilt.
2010: Austausch von Spionen in Wien
Am 9. Juli wurden am Flughafen der österreichischen Hauptstadt zehn russische Geheimdienstagenten von den USA an Russland übergeben, das seinerseits vier US-Spione freiließ. Es war damals der größte Gefangenenaustausch seit Ende des Kalten Krieges. Die Übergabe geschah binnen 15 Minuten: Die Flugzeuge mit den Spionen parkten nebeneinander, die Agenten wurden mit Bussen an das jeweils andere Land übergeben und die Maschinen hoben wieder ab.
Unter den von den USA übergebenen Spionen war auch Anna Chapman, die sich seither gekonnt als "Femme fatale" inszenierte und in Russland zum Medienstar aufstieg.
Und auch der Name einer der US-Spione tauchte später wieder auf: Unter den Agenten, die 2010 von Moskau an Washington übergeben wurden, war Sergej Skripal, der 2018 zusammen in England vergiftet wurde und überlebte.
Gershkovich und Co.: Das sind die bekanntesten Freigelassenen

Der Kreml warf dem 32-Jährigen vor, für den US-Auslandsgeheimdienst CIA spioniert zu haben. Es ging angeblich um geheime Informationen über den Panzerhersteller Uralwagonsawod. Mit Beweisen geizten die russischen Behörden allerdings – die seien Verschlusssache. Washington warf Moskau vor, den Journalisten als politisches Faustpfand zu missbrauchen.
In einem auf einmal überraschend schnellen Prozess wurde Gershkovich im Juli zu 16 Jahren Haft verurteilt – bereits ein Zeichen für den anstehenden Austausch?
Kalter Krieg: Schauplatz Glienicker-Brücke
Bis zum Ende des Kalten Krieges tauschten die USA und Russland vor allem Spione aus – in der Zeit berühmt geworden ist die "Brücke der Spione", die Glienicker Brücke in Potsdam, die damals West-Berlin mit der DDR verband. Der erste wichtige Gefangenenaustausch dort war der zwischen dem berühmten Sowjet-Spion und KGB-Oberst Rudolf Abel und dem US-Piloten Gary Powers am 10. Februar 1962. Ihre Geschichte wurde 2015 von Steven Spielberg im Film "Bridge of Spies – Der Unterhändler" verfilmt.
Am 11. Juni 1985 fand auf der Glienicker Brücke der laut US-Angaben bisher größte Gefangenenaustausch statt: 25 Gefangene, die in Ostdeutschland und Polen einsaßen, wurden mitsamt ihren Familien gegen vier in den USA verurteilte Agenten aus Osteuropa getauscht.
Als spektakulärste Übergabe gilt jedoch die vom 11. Februar 1986, als der sowjetische Dissident Natan Scharansky gegen das in den USA inhaftierte tschechische Agentenpaar Karl und Hana Köcher sowie drei weitere in Westdeutschland festgehaltenen Spione ausgetauscht wurden.