500 Jahre Schweizer Garde Ein Gardist für fünf Einwohner

"200 Fussknechte" aus der Schweiz hat Papst Julius II. vor 500 Jahren angefordert. Diese Männer sollten das Kirchenoberhaupt beschützen - was sie bis heute tun. Nun feiert der Vatikan das Jubiläum der Schweizer Garde mit einer Messe.

Wie oft innerhalb der Vatikan-Mauern schon gemordet wurde, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben. Das letzte Verbrechen dieser Art geschah 4. Mai 1998. An diesem Montag wurden Alois Estermann, Kommandant der Schweizer Garde, seine Frau sowie der Schweizer Gardist Cedric Tornay tot in dem Zwergenstaat aufgefunden. Nach offizieller Vatikan-Darstellung hatte Tornay in einer "Attacke des Wahnsinns" das Ehepaar und dann sich selbst getötet.

Ein Mord im Vatikan und dazu noch an einem seiner "Sicherheitsleute" - diese Nachricht sorgte nicht nur in Rom für Aufregung. Dabei wirken die Schweizer Gardisten geradezu friedliebend - was nicht zuletzt an ihrer bunten Uniform liegt und den etwas aus der Mode gekommenen Hellebarden, mit der die Garde den Papst und den Vatikan beschützen.

Mit dem päpstlichen Segen in die Kaserne

Seit genau 500 Jahren gibt es die Schweizer Garde nun. Am 22. Januar 1506 haben die ersten 150 Mann ihren Dienst aufgenommen - rund ein halbes Jahr, nachdem Papst Julius II. in einem Schreiben die Schweiz um "zweihundert Fussknechte" gebeten hatte. Die ersten Gardisten zogen zu Fuß über den Gotthardpass und marschierten im Anfang des Jahres in Rom ein. Dort wurden sie neu eingekleidet, bekamen den päpstlichen Segen und bezogen noch am Abend ihre Kaserne.

Es waren bewegte Zeiten damals in Rom, der Papst lag politisch mit Venedig, den Franzosen und Spaniern im Clinch. Militärischer Schutz musste her, und da er angesichts der Ränkespiele im heimischen Rom eigenen Landsleuten nicht viel Vertrauen schenkte, schaute sich der Papst im Ausland um. Schweizer Männer wiederum hatten sich seinerzeit in Europa als verlässliche Söldner einen Namen gemacht.

"Kleinste Armee der Welt" wird die Garde oft genannt. Allerdings kommen auf die 500 Einwohner des Vatikans 110 Gardisten. Also ein Soldat auf fünf Einwohner - nirgendwo sonst auf der Welt gibt es auch nur annähernd hohes Verhältnis von Zivilisten und "Soldaten".

Obwohl der Vatikan seine Schweizer nur ungern als Soldaten bezeichnet. Pius Segmüller, ehemaliger Kommandant, verweist darauf, dass die Schweizer Garde nicht wie eine Armee ein Territorium zu verteidigen, sondern die Sicherheit des Papstes zu garantieren habe. Die Garde sei "ein polizeiliches Instrument und muss zu einem verlässlichen Sicherheits- und Bewachungskorps weiter wachsen." Dazu stehen den Gardisten Pfefferspray, Karatekenntnisse und Handfeuerwaffen zur Verfügung.

Zeitweise wurde die Schweizer Garde sogar von Deutschen ersetzt. Bei der Plünderung Roms am 6. Mai 1527 fielen Deutsche und spanische Landsknechte in die Stadt ein, Papst Clemens VII. flüchtete in den Petersdom. Vor seinen Augen wurden die Garden niedergemetzelt. Danach wurde eine deutsche Leibwache eingesetzt, die aber nicht sehr lange bestand. 1542 übernahmen wieder Schweizer den Job.

Ohne "weltliche" Sicherheitskräfte geht auch im Vatikan nichts

Heute schieben die Gardisten an den Eingängen zum Kirchenstaat Wache. Immer häufiger aber patrouillieren ganz normale Carabinieri auf dem Petersplatz - in Zeiten des Terrorismus ist der Schutz des Vatikans ohne "weltliche" Sicherheitskräfte gar nicht zu schaffen.

Deshalb wird die Garde reformiert. Hitzige Typen und Draufgänger etwa werden nicht genommen. Die Gardisten müssen überdies Schweizer Staatsbürger sein, katholisch und mindestens 1,74 Meter groß. Amtssprache ist Deutsch.

Inzwischen gibt es aber sogar den ersten dunkelhäutigen Gardisten, einem jungen Inder, adoptiert von einem Schweizer Ehepaar. Nur bei einem kennt Kommandeur Theodor Mäder kein Pardon: Frauen in seiner Truppe will er nicht. "Die Männer sind jung, sie wohnen in der Kaserne, da ist es ziemlich eng. Da will ich keine Probleme haben."

nk mit DPA

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