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Podcast "heute wichtig" Die UN & der dreckige Handel mit CO2-Zertifikaten

Rauch und Dampf steigt am 30.09.2009 aus den Kühltürmen und Schornsteinen des RWE-Braunkohlekraftwerks Niederaußem bei Bergheim
"Was jetzt am Ende der Recherche als Ergebnis steht, ist, dass die UN wirkungslose Klimazertifikate verkauft und wahrscheinlich Unmengen davon im Umlauf sind", sagt Benedikt Dietsch, Redakteur im Recherchenetzwerk "Flip" über den Handel mit CO2-Zertifikaten.
© Oliver Berg / DPA
Tausche CO2 gegen ein nachhaltiges Projekt im brasilianischen Urwald – doch so sauber ist der Handel mit CO2-Zertifikaten nicht und gerade die UN spielen dabei eine zentrale Rolle. 

Jeden Flug oder auch Klamotten-Kauf kann man mittlerweile kompensieren. Das schlechte Gewissen wird kleiner und die Erde profitiert davon, denn irgendwo entsteht ein nachhaltiges Projekt. Genau so arbeiten auch Unternehmen, die bei ihrer Produktion viel CO2 produzieren. Dabei ist relativ egal, wo das CO2 ausgestoßen wird und wo ausgeglichen, denn es gibt ja nur diese eine Erde. Benedikt Dietsch ist Redakteur beim Recherchenetzwerk Flip und hat zu diesem Handel mit den Zertifikaten recherchiert. In der 457. Ausgabe des Podcasts "heute wichtig" spricht er darüber, wie verbreitet dieser Handel ist: "Es gibt klimaneutrales Fleisch, man kann seinen Flug ausgleichen und auch ganze Unternehmen werben damit: wir sind klimaneutral. Da steckt immer dieser CO2-Ausgleich dahinter, sie kaufen einfach Zertifikate an und auch Staaten nutzen dieses Instrument." Bei den Ausgleichs-Projekten gibt es eine große Bandbreite, von Bäumen pflanzen, bis hin zu einem speziellen Futter, das so zusammengesetzt wird, dass die Kühe weniger Methan ausstoßen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Hauptsache es ist nachhaltig. 

UN betreiben Handel mit Zertifikaten  

Die Vereinten Nationen spielen beim Handel mit Zertifikaten eine große Rolle, sie haben das System maßgeblich geprägt und aufgebaut. Benedikt Dietsch hat noch mehr herausgefunden: "Die UN betreiben einen Online-Shop, wo Menschen wie du und ich, aber auch Unternehmen besonders günstig, für ein paar Cent pro Tonne CO2 – bei anderen Anbietern sind das mehrere Euro – ihre Emissionen ausgleichen können." Das ist erst mal kein Problem, wenn man sich an Leitlinien hält: "Es gibt eine goldene Regel der Kompensation und die lautet: Das Klima-Projekt muss zusätzlich sein, es darf nur gemacht werden, wegen dieser CO2-Zertifikate, weil Leute wie du und ich da Geld hingeben. Die argumentieren, wir können diesen Staudamm nur bauen, wenn wir Geld von der UN dafür bekommen, sonst können wir den gar nicht bauen und nur dann hilft es dem Klima", so Dietsch im Gespräch mit "heute wichtig"-Host Michel Abdollahi.   

Wertlose Zertifikate  

Zusammen mit Kolleg:innen der "WirtschaftsWoche" hat Benedikt Dietsch recherchiert, dass ausgerechnet die Vereinten Nationen, wertlose Zertifikate verkaufen und das betreffende Unternehmen hat es sogar bestätigt: "Am Ende hat das Unternehmen eingestanden, dass sie den Staudamm so oder so gebaut hätten. Die Auswirkung ist krass, das bedeutet nämlich, dass jedes Zertifikat, das von diesem Projekt verkauft wurde, unwirksam ist, dem Klima nicht hilft und es ist kein Einzelfall." Besonders erschreckend sei es, so Dietsch, dass die Vereinten Nationen ein gutes Image hätten und die meisten Menschen dieser Organisation per se erst einmal vertrauen würden.  

CO2-Zertifikate sind also nicht immer automatisch ein angemessener Ausgleich. Das Einfachste wäre es also, direkt CO2 einzusparen oder aber genauer zu recherchieren, in welche Projekte das Geld aus der Kompensation fließt.  

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rw

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