Nahost Verlängert Netanjahu den Krieg, um an der Macht zu bleiben?

Menschen bei einem Protest gegen Benjamin Netanjahu in Tel Aviv
Netanjahu, der Israels Unabhängigkeitserklärung zerreißt: eine Demonstration gegen den Premier in Tel Aviv
© Eyal Warshavsky / Imago Images
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas bringt viel Leid. Wer die Spaltung darüber in Israels Gesellschaft verstehen will, muss auf Premier Netanjahu blicken.

Hunderte Menschen drängen auf die Villa zu, geblendet vom Flutlicht und den Taschenlampen der Polizisten. Ein alter Mann stolpert und fällt in den Sand. Er schreit weiter: "Befreit Israel von Netanjahu!" Ein Mitdemonstrant hilft ihm auf. Doch die Polizisten lassen die Männer keinen Schritt weitergehen. Das Haus des Premierministers werden sie an diesem Abend nicht erreichen – seine Ohren wohl schon.

Fast jeder hier hat eine Tröte oder eine Trommel mitgebracht. Der Lärm ist ohrenbetäubend und übertönt das Rauschen des Meeres hinter ihnen. Erschrocken blicken die Menschen auf, als es am Himmel zischt. Ein Demonstrant hat Leuchtraketen gezündet. Rot und rauchend geht das Licht nieder. Es sind Signalfeuer, die eigentlich über sinkenden Schiffen gezündet werden, in der Hoffnung auf Hilfe, und vielleicht ist das sogar passend für die Lage in Israel knapp neun Monate nach dem Überfall der Hamas.

Wer die aufgeheizte Stimmung verstehen will, die Gesellschaft, die sich immer weiter spaltet, der muss auf die Person an der Spitze blicken: Benjamin Netanjahu. Und vielleicht gibt es keinen besseren Ort und keine bessere Zeit dafür als an diesem Abend vor seiner Villa in der Stadt Caesarea. Dort, wo sich zwischen antiken Hafenanlagen und Golfplätzen regelmäßig Netanjahus ärgste Kritiker versammeln.

Erschienen in stern 26/2024

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