Bürgermeister Ole von Beust (CDU) stand Arm in Arm mit Drag-Queen Olivia Jones, FC-St. Pauli-Präsident Corny Littmann und Krista Sager von den Grünen in der Straße Lange Reihe in Hamburg-St. Georg. Das prominente Quartett eröffnete den diesjährigen Umzug zur Schwulen- und Lesbenparade "Europride". Hinter ihnen warteten mit laufenden Motoren und ersten zögernden Musik-Beats die zwölf Party-Trucks auf den Start zum bunten Marsch quer durch Hamburg. Der laute Tross aus ein paar Tausend Watt Musikleistung und schräg-fröhlichem Fußvolk war der bunte Höhepunkt der zehntägigen schwul-lesbischen Veranstaltung in Hamburg.
Knallende Bässe vom Tieflader
Drag-Queens stolzierten auf hohen Absätzen, 50-köpfige Tanz-Ensembles im Matrosen-Kostüm präsentierten ihre Choreografie und lederbekleidete Männer mit Schnurrbärten, die so genannten Bären, winkten vom Techno-Mobil. Die Parade mit nach Angaben der Organisatoren 360.000 Teilnehmern und Zuschauern war ein Querschnitt aller Gruppen und Bewegungen der Homosexuellen-Szene. Von den Ladeflächen einiger umgebauter Tieflader dröhnten knallende Bässe Richtung Publikum, auf anderen wurde selbst getrommelt.
Alle Zuschauer entlang der Wegschneise wurden eimerweise mit Stieleis, Sonnenhüten und Kondomen versorgt. Vor dem LKW des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) lustwandelten drei übergroße, knallrote Kondome. "Habt viel Verkehr" wurde das Kürzel HVV kurzerhand umgetauft. Dahinter rollte ein Transporter der "Leider Positiv-Aids- Seelsorge".Schwul-Lesbischer Karneval und politische Demonstration, - der traditionelle Umzug ist beides. Erinnert wird an den "Christopher Street Day" 1969 in den USA, als sich Homosexuelle gegen Übergriffe und Diskriminierung zur Wehr setzen. "Der CSD ist für mich politisch, weil ich von Freunden weiß, wie ernst das Thema ist und was für einen langen Leidensweg viele hinter sich haben", sagte Verena Handel.
Die 27-Jährige ist lesbisch und war zusammen mit ihrer Freundin Ramona dabei: "Ich bin froh, in dieser Zeit zu leben und ich möchte nicht, dass es einen Schritt zurück geht". Deshalb engagiere sie sich auch finanziell und gehe zu Demos.
Motto: "Love breaks barriers"
Der Umzug wirkte kleiner als im vergangenen Jahr, dabei war der Marsch 2004 mehr als ein "normaler" Christopher-Street-Day: geadelt als "Europride", war Hamburg in diesem Jahr Ausrichter des größten schwul-lesbische Events Europas - wie vorher London, Wien oder Rom. Nach der EU-Osterweiterung stand er unter dem Motto "Love breaks barriers". Rechtzeitig zum Start schoben sich die Wolken vom unruhigen Hamburger Himmel. Die in Tütchen verteilte Bräunungscreme blieb zwar am Straßenrand liegen, orangefarbene Sonnenhüte waren aber der Renner. Am Nachmittag sollte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) auf dem Rathausmarkt die Hauptrede der insgesamt 11. Europride halten. Der Veranstaltungs-Marathon aus Lesungen, Diskussionen, Show, Cabaret und Party sollte am Sonntagabend mit der Closing Party zu Ende gehen.