"Best Job of the World"-Kampagne Wenn virtuelle Touristen nicht real werden

Der australische Bundesstaat Queensland hat mit seinem Reklamefeldzug "Best Job of the World" auf die neuen Medien gesetzt. Belohnt wurde das Fremdenverkehrsamt mit PR-Preisen und Trittbrettfahrern. Doch der Höhenflug war nicht von Dauer.

Endlose, weiße Sandstrände, lauwarmes, seichtes Wasser, Sonnenscheingarantie - die paradiesischen Zustände im australischen Great Barrier Reef dürften eigentlich nicht schwer zu vermarkten sein. Dennoch startete das Tourismusbüro des australischen Bundesstaates Queensland Anfang des Jahres eine umfangreiche Werbekampagne. Dafür nutzte Tourism Queensland virales Marketing: Werbung, die sich über soziale Netzwerke im Internet verbreitet. Zwar wird auch im Tourismus längst getwittert und gebloggt, doch zumeist für ein überschaubares Publikum.

Stellenanzeigen in der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung starteten Anfang des Jahres die Kampagne in Deutschland. Der "Beste Job der Welt" war zu vergeben. Der Bewerber musste gewillt sein, seinen Wohnsitz für sechs Monate auf die Hamilton Islands im Great Barrier Reef zu verlegen. In Aussicht wurde eine Dienstwohnung in bester Lage gestellt, dazu ein üppiger Lohn in Höhe von mehr als 80.000 Euro angeboten. Hauptaufgabe: Erkunden der Inselwelt und anschließende Berichterstattung im Internet. Einziges Bewerbungskriterium: ein einminütiges Video. Der Hintergedanke: viel und lang anhaltende Aufmerksamkeit für die Ferienregion.

Kampagne für Backpacker

Millionenfach wurde die Bewerbungsseite angeklickt, 35.000 Videos aus 200 Ländern trudelten in kürzester Zeit bei den PR-Agenturen des Tourismusbüros ein. In vielen Ländern sprangen die Medien auf die neuartige Werbekampagne an, berichteten über die Kandidaten. "Wir wollten mit einer Kampagne in den sozialen Netzwerken vor allem die junge Zielgruppe ansprechen", so Peter Mierzwiak von der Agentur Globalspot, die das Tourismusbüro Queensland im deutschsprachigen Markt vertritt.

50 Kandidaten wurden mit ihren Videos auf der Internetseite der Aktion präsentiert, darunter auch zwei Deutsche. Dem einen wurde der Medienrummel zu viel, die andere hielt durch. Mirjam Novak zog ins Finale ein, flog mit 15 anderen potentiellen Inselwarten nach Queensland - und zog den kürzeren. Seit Juli hütet Ben Southall aus dem für Queensland wichtigsten europäischen Urlaubermarkt Großbritannien die Insel und berichtet fast täglich in einem Blog.

Viel Ehr und nicht ganz so viele Touristen

Im Sommer wurde die australische Agentur Cummins Nitro aus Brisbane auf dem Cannes Lions International Advertising Festival mit dem Grand Prix in der Kategorie "PR" ausgezeichnet, der höchste Preis, den die europäische Werbebranche zu vergeben hat. "Eine ansteckende Idee wurde schnell, einfach und gut vermittelt - ein Lehrbeispiel für effiziente Kommunikation", sagte Walter Plötz, Cannes-Juror und Geschäftsführer der Hamburger Agentur "defacto.kreativ". Das deutsche Büro des australischen Fremdenverkehrsamtes wurde vom Travel Industry Club für die beste Marketingkampagne des Jahres ausgezeichnet. Auch die Büros in London und Asien wurden geehrt.

In den Pokalvitrinen macht sich die Kampagne bemerkbar. In den Touristenzahlen leider nicht. Die Zahl der Urlauber in dem Bundesstaat beläuft sich in diesem Jahr bislang auf zwei Millionen und bleibt damit konstant. In Zeiten der Wirtschaftskrise werden bereits Konstanten als Gewinne gefeiert. "Australien hat insgesamt einen leichten Rückgang bei deutschen Touristen zu verzeichnen. Queensland hat aber einen Zuwachs um acht Prozent", so Mierzwiak. Rund 80.000 Deutsche fahren jährlich in die Region.

Erfolg zieht Trittbrettfahrer an

Die Kampagne wird nichtsdestotrotz von Queensland Tourism als Erfolg gewertet. "Mit dieser Marketing- und PR-Initiative haben wir Maßstäbe gesetzt", so Kai Ostermann, Europadirektor von Tourism Queensland. Die Kosten von 1,7 Millionen US-Dollar sind im Vergleich zur Reichweite gering. Die Agentur hat sich ausgerechnet: Die Wirkung der weltweiten Kampagne hat einen Wert von 150 Millionen US-Dollar.

Und wer Erfolg hat, der wird kopiert. Taiwan kündigte an, 50 Zweierteams suchen zu wollen, die einige Tage durch das Land fahren und über ihre Erlebnisse bloggen. Für das Siegerpärchen schließe sich eine Luxusreise im Wert von 22.600 Euro an. Die Aktion verlief im Sand. Malta hat noch bis Ende des Monats einen Videowettbewerb laufen. Auch die Bahamas wollen Imagefilme: 14 Regisseure sollen 14 Tage auf 14 Inseln drehen. Thailand sucht fünf reisende Paare, die bloggen, und ein deutsches Paar fährt zurzeit für ein Mietwagenunternehmen bloggend durch Europa. Alle Nachahmer erhalten selbst zusammengenommen nicht so viel Aufmerksamkeit wie Queensland.

Erst Blog, dann doch wieder Plakate

Doch die Aufmerksamkeit schwindet. Daher ziehen in Kürze weitere Blogger auf das Eiland, da, so die offizielle Erklärung, die 600 Inseln des Great Barrier Reefs nicht von einer Person allein bereist werden können. Ab Mitte November stehen vier Freunde Ben Southall bis ans Ende seiner Tage im Great Barrier Reef bei. Nicht Bens wirkliche Freunde, sondern für ihn auserwählte - vermutlich aus einem weiteren wichtigen Urlaubermarkt.

Und die Agenturen in Queenslands wichtigsten Zielmärkten legen nach. In den nächsten Wochen werden Plakate gekleistert, Reisebüros mit Prospekten versorgt, Radiospots geschaltet. Der Inselwart ist Vergangenheit, der "Beste Urlaub" wird verkündet. Die klassischen Werbeformen sollen nun dafür sorgen, dass auch ältere und zumeist betuchtere Urlauber nach Queensland reisen - und die virtuellen Touristen endlich real werden.

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