Die Antarktis ist zu 98 Prozent von Eis bedeckt. Die restlichen zwei Prozent unbedeckter Fels finden sich vor allem an der Antarktischen Halbinsel, die wir gerade erkunden. In letzter Zeit sind immer mehr eisfreie Plätze aufgetaucht, da die Jahresmitteltemperaturen an der Halbinsel in den letzten 50 bis 60 Jahren um 2,5 bis 3 Grad Celsius angestiegen sind. Davon merken wir allerdings nichts, dieses Jahr ist es ungewöhnlich kalt. Selbst jetzt im Sommermonat Februar schneit es, sogar auf Deception Island, einem schlafenden Vulkan mit einem mit Seewasser gefüllten Krater. Mit voller Geschwindigkeit fährt Kapitän Felgner durch Neptune's Bellows, den Blasebalg Neptuns. Aufgrund der Wassertiefe und Breite der Einfahrt können nur kleine Schiffe wie die Bremen dieses Highlight in der Antarktis besuchen. Hier gibt es aufgrund der vulkanischen Aktivität auch die einmalige Möglichkeit, dem Antarktischen Schwimmclub beizutreten: Im Kratervulkan kann man baden.
Zwischen den einzelnen Inseln tauchen auch immer wieder Eisberge in allen Formen auf, die unsere Phantasie beflügeln. Diese vergänglichen Skulpturen stammen nicht von den Gletschern hier an der Halbinsel, sondern haben eine lange Reise aus dem Rossmeer hinter sich und gelangen mit der Strömung des Westwinds hierher. Einige schimmern ungewöhnlich blau, als wären sie gefärbt. Die Farbe entsteht, wenn das Eis einem hohen Druck ausgesetzt ist und kaum Luftblasen enthält. Die Eisberge in der Paradiesbucht kommen uns sehr, sehr nahe. Wir fühlen uns winzig in unseren Zodiacs und immer wieder stellen wir den Motor ab, um der eisigen Stille zu lauschen. Selbst bei Schneetreiben ist die Paradiesbucht ein magischer Ort und zum Abschluss unserer Erkundungsfahrt räkeln sich noch ein Seeleopard und eine Weddellrobbe auf zwei benachbarten Eisschollen.
Der letzte Morgen in der Antarktis steht im Zeichen der Entdecker. Zunächst wiederentdecken wir die Sonne, sie scheint zum Abschied und verwandelt das eisige Bergpanorama in eine Bilderbuchlandschaft. Wir sitzen sogar mit Entdeckern in einem Boot: Tomasz Zadrozny, unser Zodiacfahrer, entdeckten 2003 zusammen mit unserem Expeditionsleiter Henryk Wolski eine bisher unbekannte Insel und einen Kanal. Beide wurden nach unserem Schiff, der MS Bremen, Bremen-Insel und Bremen-Kanal benannt. Die Entdeckung ist mittlerweile vom ehrwürdigen British Antarctic Survey bestätigt worden und wird ihren Eingang in die Seekarten erhalten.
Ihre Fragen
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Bevor wir der Antarktis Lebewohl sagen müssen, werden wir noch von drei Buckelwalen aufgehalten. Jetzt im Hochsommer fressen sie sich an den Krillschwärmen satt, was bei einem ausgewachsenen Buckelwal von 40 Tonnen Gewicht locker 1000 Kilogramm pro Tag sein kann. Sie lassen sich durch uns nicht stören, zeigen uns die riesigen, bis fünf Meter langen Brustflossen und tauchen dann mit ihrer Schwanzflosse, der sogenannten Fluke, ab. Einen besseren Abschied können wir uns kaum vorstellen.
Wir sind bereit für die berüchtigte Drake Passage, das stürmischste Meergebiet der Erde. Drücken Sie uns ein letztes Mal die Daumen, dass der Wind nicht zu stark, die Wellen nicht zu hoch sein mögen. Wenn alles klappt, melden wir uns übermorgen vom berühmten Kap Hoorn.
Schiff ahoi,
Ihr Oliver Krüger und Michael Poliza