Kwazulu-Natal Tonnenschwere Teenager

Von Helge Bendl
Netze schützen Badende und Surfer an den Stränden der Provinz Kwazulu-Natal vor Haiangriffen. Wer mehr über die Jäger des Meeres erfahren möchte, kann die Kontrolle der Netze beobachten - und sogar bei einer Sezierung zuschauen.

Morgens, wenn die Sonne gerade über dem Meer aufgeht, fahren sie hinaus. Heute ist einmal ein guter Tag, nahezu windstill und mit keiner Wolke am Himmel, doch die Männer wären, in ihre rote Schutzkleidung eingehüllt, auch bei hartem Regen und wilder Dünung gestartet. Am Steuer des von zwei starken Außenbord-Motoren angetriebenen Katamarans steht ein noch etwas müder Dillon Fletcher-Evans. Gesprächig ist er nicht gerade um diese Zeit, kurz nach sechs Uhr in der Frühe, doch seine Crew weiß ohnehin, was sie zu tun hat. Ein paar hundert Meter von Durbans beliebten Stadtstränden entfernt kontrollieren vier Männer die im Wasser hängenden Netze - ein Schutzschild für Schwimmer, Taucher und Surfer.

"Der Ozean ist eigentlich der Lebensraum der Haie und nicht der Lebensraum des Menschen. Doch weil wir uns inzwischen auch dort tummeln, kommt es zu Konflikten. Selten zwar, aber manchmal enden diese Begegnungen tödlich - für den Menschen", sagt Dhaven Narain vom Natal Sharks Board. "Man vermutet, dass Haie Taucher manchmal für Seerobben und Surfer auf ihrem Brett manchmal für paddelnde Meeresschildkröten halten. Instinktiv wollen die Jäger Beute machen und beißen zu." Von den hunderten von Hai-Arten gibt es aber nur drei, die vor der Küste Südafrikas schwimmen und dem Menschen gefährlich werden können - der Zambezi-Hai, der Tiger-Hai und natürlich der Weiße Hai.

Hai Ahoi!

Das Natal Sharks Board hat seine Zentrale und ein kleines Museum, das die Lebensweise der Haie und die Arbeit der Organisation dokumentiert, in Durbans Vorort Umhlanga (sprich "Umschlanga") - am besten ist das Zentrum zu erreichen mit dem Taxi oder Mietwagen. Das Museum ist montags bis freitags von zehn bis 16 Uhr geöffnet, sonntags von 13 bis 16 Uhr. Dienstags, mittwochs und donnerstags um neun und um 14 Uhr sowie sonntags um 14 Uhr findet eine Videovorführung statt, danach wird ein Hai vor aller Augen seziert. Telefon 0027-31-5660400, www.shark.co.za

Aus Sicherheitsgründen dürfen die Männer des Natal Sharks Board nicht bei der Inspektion der Hainetze begleitet werden. An jedem Wochentag um sechs Uhr - vorausgesetzt, das Wetter spielt mit und es finden sich mindestens acht Interessenten - fährt jedoch ein Touristenboot hinaus. Für 200 Rand (etwas mehr als 20 Euro) hat man zwei Stunden lang die Chance, die Kontrolle der Netze zu beobachten. Mit etwas Glück sieht man dabei auch Wale und Delphine. Buchung und Informationen unter Telefon 0027-82-4039206.

"Eine Hai-Attacke in zehn Jahren"

Seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts sorgen deshalb grobmaschige Netze, durch die die meisten Fische hidurchschlüpfen können, für den Schutz der populärsten Strände der Provinz Kwazulu-Natal. "Früher gab es eine tödliche Hai-Attacke pro Jahr, heute gibt es nur noch eine in zehn Jahren. Die Netze sind also erfolgreich, wenn es um den Schutz von Menschenleben geht", sagt Dhaven Narain vom Natal Sharks Board. "Doch eigentlich ist das Meer selbst die Gefahr für den Menschen - Dutzende ertrinken jedes Jahr."

Zuschauen beim Sezieren

Auf 325 Kilometern Küste unterhält das Natal Sharks Board an 37 Orten Hainetze mit einer Gesamtlänge von 31 Kilometern. Im Winter, wenn große Sardinenschwärme an der Küste entlang ziehen und von Delphinen und Haien verfolgt werden, werden die Netze aber aus dem Wasser genommen - sonst würden sich zu viele Tiere darin verstricken. Schilder verkünden in dieser Zeit, dass die Haie ihren Lebensraum voll ausnützen - wer trotzdem badet, tut das auf eigenes Risiko. In der übrigen Zeit werden die Netze fast täglich mit Booten kontrolliert, damit Delphine, Rochen und Schildkröten befreit werden können. Haben sich Haie in den Netzen verfangen - das passiert etwa 1400 Tieren im Jahr - werden sie markiert und wieder freigelassen, so dass die Wissenschaftler des Natal Sharks Boards später (bei einem erneuten Fang) Wachstum und Wanderwege der Tiere erforschen können. Haie, die im Netz erstickt sind, werden in die Zentrale der Hai-Behörde gebracht und dort seziert - als Besucher kann man dabei sogar zuschauen.

Rasend schnell - dank Torpedo-Form

"Der größte Hai, den wir je auf dem Seziertisch hatten, war 4,80 Meter lang und wog mehr als eine Tonne", erzählt Dhaven Narain, der die Sezierungen für Besucher kommentiert. So kann man verstehen, warum die Tiere so geübte Jäger sind: Weil sie sich dank ihrer Torpedo-Form rasend schnell bewegen können, weil sie kleinste Vibrationen, Klänge und Veränderungen elektrischer Spannungen wahrnehmen können, und weil sie tatsächlich Blut in geringsten Dosen orten können. Wer durch das Museum des Sharks Board streift, bekommt Respekt vor den Jägern der Meere, die selbst zu Gejagten geworden sind - Asiens wachsende Nachfrage nach Haifischflossen hat manche Arten schon an den Rand des Aussterbens gebracht.

Tauchen mit Weißen Haien

In Südafrika kann man mit Weißen Haien inzwischen auch tauchen gehen - geschützt durch einen Metallkäfig. Dort, in freier Wildbahn, werde man mit etwas Glück noch größeren Exemplaren begegnen als bei den Sezier-Vorführungen, sinniert Hai-Experte Dhaven Narain. "Unser 4,80-Meter-Hai war noch nicht einmal ausgewachsen, sondern noch ein Teenager."

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