Neuseeland hat Anfang August die Einreise für zahlreiche Touristen erleichtert. Zwei Jahre hatte sich der Insel-Staat im Zuge seiner Null-Covid-Strategie fast vollständig abgeschottet. Im Mai durften EU-Bürger erstmals wieder einreisen. Nun dürfen auch Reisende, die für den Aufenthalt in Neuseeland ein Visum benötigen, zurückkehren. Nach wie vor gilt, dass alle Besucher gegen Corona geimpft sein und sich nach ihrer Ankunft zweimal testen lassen müssen.
Neuseeland soll sich auf wohlhabende Touristen konzentrieren
Die Tourismus-Industrie und die gesamte Wirtschaft des Landes haben unter den fehlenden Einnahmen so sehr gelitten, dass die Öffnung der Grenzen zwei Monate vorgezogen wurde. Tourismusminister Stuart Nash hat eine klare Vorstellung davon, wer Neuseeland bereisten sollte. Und zwar Urlauber "mit hohen Ausgaben". Bei einer Ankündigung über Pläne zur Stärkung des Tourismus sagte er am Mittwoch: "In Bezug auf die Ausrichtung unseres Marketings wird es um hochwertige Touristen gehen." Im gleichen Zuge wetterte er gegen Backpacker: Man wolle wohlhabende Urlauber ansprechen, statt die, die mit "zehn Dollar pro Tag durch unser Land reisen und Zwei-Minuten-Nudeln essen", zitiert der "Guardian" den Politiker.
Low Budget-Traveller seien zwar willkommen, sollen aber nicht im Fokus der Tourismus-Branche stehen. Bereits vor zwei Jahren sorgte Nash mit einer ähnlichen Aussage für Kritik. Er betonte damals, diejenigen Ausländer anziehen zu wollen, "die Business Class oder Premium Economy fliegen, einen Hubschrauber mieten und in einem High-End-Restaurant essen". Dabei sind es gerade die Gäste mit geringerer Urlaubskasse, die für die Wirtschaft des Insel-Staats eine wichtige Rolle spielen. Laut "Tagesschau" haben international Schüler und Studierende vor der Pandemie dem Land etwa fünf Milliarden Dollar pro Jahr eingebracht. Diese Einnahmen sanken im Pandemiejahr 2021 auf geschätzt 1,3 Milliarden Dollar.
Touristen mit geringem Einkommen reisen umweltfreundlicher
Work and Travel-Touristen verrichten zudem wichtige Arbeiten, beispielsweise in der Landwirtschaft. Die Annahme, dass "vermögende Privatpersonen" mehr zur Wirtschaft beitragen als Backpacker, werde durch die Forschung nicht unbedingt gestützt, sagt James Higham, Professor für Tourismus an der Otago University. Im Gegenteil: Wohlhabende Touristen haben in der Regel den größeren ökologischen Fußabdruck, so der Experte im "Guardian". Denn diejenigen, die viel Geld für den Urlaub ausgeben, seien in der Regel Menschen, die Reisen mit einem hohen Kohlenstoff-Ausstoß und geringer Aufenthaltsdauer unternehmen. "Das ist nicht besonders vorteilhaft, insbesondere bei weit entfernten Zielen, wie Neuseeland", meint der Wissenschaftler.

Touristen mit geringem Budget hingegen bleiben in der Regel länger. Die Aufenthaltsdauer korreliere laut dem Experten mit ihren Ausgaben im Land. Zum Vergleich nennt Higham Kreuzfahrttouristen, die als eher wohlhabend gelten. Diese machen neun Prozent der gesamten Besucher aus, stehen aber nur für drei Prozent der Ausgaben, die Urlauber vor Ort machen. Wer über einen längeren Zeitraum geringere Ausgaben macht, leistet insgesamt den gleichen oder sogar einen höheren Beitrag zur Wirtschaft. Zudem seien Low Budget-Traveller diejenigen, die eher wiederkommen und eine Zeit lang in Neuseeland arbeiten oder gar dorthin auswandern – für ein Land, das unter Fachkräftemangel und Abwanderung leidet, eine wichtige Perspektive.
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In den vergangenen Monaten haben mehr Neuseeländer das Land verlassen, als eingewandert sind, wie die Regierung Mitte Juli bekannt gab. Vor Covid-19 machte der Tourismus 9,3 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Bis die Besucherzahlen wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreichen, wird noch einige Zeit vergehen. Bewerbungsprozesse für Studien-Visa beispielweise laufen gerade erst an. Außerdem können die Menschen aus China, die ebenfalls einen großen Anteil der Urlauber ausmachen, immer noch nicht frei reisen. Wer aber einreisen kann und will, sollte laut neuseeländischer Einwanderungsbehörde schnell und unkompliziert ein Besuchervisum erhalten.
Quellen: "Tagesschau", "The Guardian"