ATP Finals im Tennis Zverevs Kampf gegen zwei Überflieger und den eigenen Körper

Alexander Zverev will einen versöhnlichen Jahresabschluss der ATP-Saison in Turin. (Archivbild) Foto: Matthieu Mirville/ZUMA Pre
Alexander Zverev will einen versöhnlichen Jahresabschluss der ATP-Saison in Turin. (Archivbild) Foto
© Matthieu Mirville/ZUMA Press Wire/dpa
Keine Titelansage, stattdessen gedämpfte Erwartungen: Alexander Zverev tritt bei den ATP Finals als Außenseiter an. Experten trauen ihm trotzdem eine starke Rolle zu - aber spielt sein Körper da mit?

Alexander Zverev trifft die Bälle kraftvoll, sein lautes Stöhnen ist in der fast komplett leeren Inalpi Arena nicht zu überhören. Beim Trainingsmatch des deutschen Tennisstars gegen Spaniens Topspieler Carlos Alcaraz vor den prestigeträchtigen ATP Finals in Turin gibt jedoch der Blick auf seine Beine eine noch wichtigere Auskunft: Zverev bewegt sich leichtfüßig und ohne Bandage am rechten Knöchel. 

Es deutet also nichts darauf hin, dass der Weltranglistendritte seinen Start beim letzten Höhepunkt der ATP-Saison wegen der kürzlich aufgetretenen Knöchelprobleme doch noch absagen muss. Ob der 28-Jährige aber auch in der körperlichen Verfassung ist, um bei der inoffiziellen Tennis-Weltmeisterschaft der acht besten Spieler des Jahres nach 2018 und 2021 zum dritten Mal zu triumphieren, ist fraglich.

Petkovic glaubt an Halbfinal-Chance

Der frühere Davis-Cup-Kapitän Patrik Kühnen rechnet dennoch "mit einem starken Alexander Zverev" in Turin, und auch Andrea Petkovic ist hoffnungsfroh gestimmt. "Wenn er frisch und gesund ist, dann sehe ich ihn auf jeden Fall im Halbfinale", sagte die frühere Tennisspielerin in einer Sky-Medienrunde: "Alexander Zverev auf Hartplatz in der Halle möchte kein Gegner der Welt haben."

Die Gruppen-Zuteilung für die am Sonntag beginnenden ATP Finals dürfte Zverev gefallen haben. Zwar trifft er in der Björn Borg Gruppe auf den italienischen Topfavoriten Jannik Sinner, doch die beiden anderen Gegner - Ben Shelton (USA) und Felix Auger-Aliassime (Kanada) oder Lorenzo Musetti (Italien) - sind für ihn in Normalform machbar. 

Zverevs größter Gegner scheint aktuell aber sein Körper zu sein. "Das letzte Mal, dass ich ein Turnier schmerzfrei gespielt habe, waren die Australian Open", hatte er zuletzt offenbart. Nach dem erfreulichen Saisonauftakt mit dem Finaleinzug in Melbourne lief es wie verhext für den Olympiasieger von 2021.

Immer wieder Verletzungssorgen

Seit Monaten begleiten ihn Rückenprobleme, auch zwickte mal die Schulter und der Zeh schmerzte. Der jüngste Rückschlag ereilte ihn beim Masters-Turnier in Paris, als er beeinträchtigt von einem geschwollenen Knöchel gegen Sinner eine 0:6, 1:6-Halbfinalpleite kassierte.

Bis dahin hatte er sich mühsam wieder seiner Topform angenähert und sich insgeheim wohl auch Hoffnungen gemacht, Sinner und dessen Dauerrivalen Alcaraz im Kampf um die ATP-Krone gefährlich zu werden. Die knappe Drei-Satz-Niederlage beim Finale in Wien gegen Sinner gab ihm Rückenwind - der nun aber fast schon wieder abgeebbt ist. 

Zverev hatte angekündigt, vor seinem Turin-Trip jenen Arzt aufzusuchen, der ihn schon beim folgenschweren Bänderriss am selben rechten Fuß 2022 operiert hatte. Doch beschwerdefrei wird Zverev wohl weder beim Prestigeturnier in der Inalpi Arena noch im Anschluss bei der Davis-Cup-Endrunde in Bologna antreten.

"Richtiges Kack-Tennis" - trotzdem seit 370 Wochen in Top-Ten

Das vermaledeite Tennis-Jahr 2025 ist für Zverev "einfach zäh", wie er selbst sagte. Zwischendurch habe er sogar "richtiges Kack-Tennis gezeigt". Doch selbst damit ist er noch einer der Besten. Seit Montag ist er laut "Tennis-Magazin" insgesamt 370 Wochen in den Top-Ten der Weltrangliste - und damit so lange wie kein anderer Spieler, der niemals einen Grand-Slam-Turniersieg feiern konnte. 

Ein Rekord, der Zverevs Karriere ebenso treffend beschreibt wie der Titel seiner früheren RTL-Dokumentation "Der Unvollendete". Boris Becker scheint langsam die Hoffnung bei Zverev aufzugeben: "Weltspitze sieht anders aus." Beckers Aussagen seien ihm "inzwischen latte", versicherte Zverev.

Ein von vielen Fans erhofftes Trainer-Engagement von Becker im Team Zverev ist aktuell undenkbar, der Hamburger hätte ohnehin lieber den Onkel und früheren Erfolgscoach von Tennis-Ikone Rafael Nadal an seiner Seite. Ob Toni Nadal wie von Zverev gewünscht ihn bei den Australian Open im Januar unterstützt, ist aber fraglich. 

Sinner oder Alcaraz: Wer beendet Jahr als Nummer 1?

Im Saisonendspurt wird ihm ohnehin kein Nadal helfen. Zverev tritt in Turin nur als Außenseiter an, die Ausnahmekönner Sinner und Alcaraz sind auch seiner Meinung nach "Lichtjahre" vom Rest entfernt. Mehr als 5.600 Punkte trennen Zverev in der Weltrangliste vom Top-Duo - dieser Abstand ist größer als der zwischen ihm und der Nummer 1.000 der Tennis-Welt.

Für Titelverteidiger Sinner und Alcaraz geht es in Turin auch darum, wer das Jahr als Nummer 1 abschließt. Bei den ATP Finals werden zunächst im Tennis ungewohnte Gruppenspiele ausgetragen. Die beiden Besten der zwei Vierergruppen ziehen ins Halbfinale ein. Das Endspiel steigt am 16. November. Im Doppel-Wettbewerb tritt das deutsche Davis-Cup-Duo Kevin Krawietz und Tim Pütz als Titelverteidiger an.

dpa

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