Bayern erreicht Champions-League-Halbfinale Das Vorspiel ist beendet

Von Tim Schulze
Verdienter Erfolg: Die Bayern sind gegen Olympique Marseille locker ins Halbfinale spaziert und haben weiter das Triple im Visier. Doch die entscheidenden Spiele kommen jetzt erst.

Franck Ribéry reckte die Brust wie der gallische Hahn und schien geradezu zu explodieren. Gerade hatte der französische Nationalspieler mustergültig den Führungstreffer der Bayern gegen Olympique Marseille durch Ivica Olic vorbereitet. Schon nach 13 Minuten stand es 1:0 im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League. Wie wichtig dem französischen Nationalspieler dieser Treffer war, zeigte seine Reaktion. Im Hinspiel in Marseille war die Leistung Ribérys durchwachsen gewesen, und das hat den sensiblen Fußballer gewurmt - gerade gegen seinen Ex-Club, den er 2007 für 25 Millionen Euro Richtung München verlassen hatte.

Doch an diesem regnerischen Abend war Ribéry der beste Mann auf dem Platz. Er sprühte vor Spielwitz und leitete im perfekten Zusammenspiel mit David Alaba auch den zweiten Treffer durch Olic vor der Halbzeit ein. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die Partie endgültig entschieden. Die Bayern sind durch den Sieg gegen Marseille zum sechsten Mal in das Halbfinale der Champions League eingezogen. Nach der souverän gemeisterten Pflichtaufgabe wagte der Spieler des Abends schon einen Ausblick auf den nächsten Gegner, der in zwei Wochen mit allergrößter Wahrscheinlichkeit Real Madrid heißt: "Vier Tore gegen Marseille, Halbfinale gegen Real. Das ist super für uns und für den Kopf."

Ein Mal ist Neuer gefragt


Nach dem 2:0-Sieg im Hinspiel hatten die Bayern den Gegner in der Allianz Arena nach anfänglichen Wacklern schnell im Griff. Die Partie nahm vor allem in der zweiten Halbzeit den Charakter eines lockeren Freundschaftsspiels an. Die schwachen Franzosen, die das zehnte Pflichtspiel in Folge verloren, trugen in der ersten Halbzeit nur wenige gelungene Angriffe vor. Bayern-Keeper Manuel Neuer musste nur ein einziges Mal sein ganzes Können bei einem Schuss von Olympiques robustem Mittelfeldspieler Stephane Mbia aufbieten (17.) – das war es mit der französischen Herrlichkeit, weil der beste Franzose beim Gegner spielte: "Am Anfang waren die aus Marseille ein bisschen quirlig, aber wir waren über die 90 Minuten die bessere Mannschaft", beschrieb Ribérys defensiver Partner auf der linken Seite, David Alaba, in bestem Wienerisch den Ablauf der Partie.

Der 19-jährige Österreicher ist wohl erzogen und vergaß nicht, seinem Trainer und der Mannschaft zu danken, als er auf seine starken Leistungen in den vergangenen Wochen angesprochen wurde. Wenn man so jung in den Focus der Aufmerksamkeit rückt, sollte man bescheiden bleiben – oder eben professionell. Alaba hat sich zur Königslösung auf der linken Abwehrseite gemausert. Sein Zusammenspiel mit Ribéry funktionierte auch gegen Marseille ausgezeichnet. Mit Olic und Toni Kroos waren sie die Garanten des Sieges. Es ging an diesem Abend vor allem darum, keine Zweifel aufkommen zu lassen. Die Bayern sind bereit für die kommenden, schwereren Aufgaben.

Heynckes setzt auf Rotation


Dabei hatte Bayern-Coach Jupp Heynckes wieder auf das Prinzip Rotation gesetzt. Bastian Schweinsteiger stand nicht im Kader und sah sich die Begegnung von der Tribüne aus an, wo er entspannt mit Oliver Bierhoff und Günter Netzer plauderte. Der Trainer verzichtete auf Arjen Robben und Mario Gomez (der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde), Thomas Müller nahm er noch vor der Halbzeitpause aus dem Spiel. Müller hat schon seit Wochen mit leichten Muskelproblemen im Oberschenkel zu kämpfen und signalisierte, dass er raus will. "Wir haben ein Riesenprogramm. Wenn ich da nicht rotiere, geht uns die Luft aus", begründete Heynckes die Maßnahmen. Einer wie Olic dankte es mit zwei Treffern und Ribéry hängte sich ohne seinen Gegenüber Robben noch mehr rein.

Die Partie gegen Olympique hat klar gemacht: Es ist genug Luft da, weil die Münchner trotz ihres kleinen Kaders auch mit einer besseren B-Elf nichts anbrennen lassen. Jetzt aber beginnt die heiße Saisonphase. Die folgenden Wochen haben es in sich: Nach Augsburg heißt der Gegner am nächsten Mittwoch Dortmund, ein "Schlüsselspiel" (Heynckes). Eine Woche später folgt nach der Partie gegen Mainz der vorläufige Saisonhöhepunkt gegen Real Madrid.

Die Bayern haben das Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League fest im Blick. Doch Heynckes, das ist sein Job, warnte gleich nach Abpfiff: "Am Ende des Saison muss etwas Greifbares da sein." Aber selbst das ist keine korrekte Aussage. Man stelle sich nur einmal vor, die Bayern gewännen den DFB-Pokal – und sonst nichts. Sie würden den Pott wohl aus lauter Frust zum Nachttopf umfunktionieren.

Die Karten werden neu gemischt


Die Karten werden jetzt neu gemischt. Gegen Marseille waren die Bayern souverän, weil sie den Gegner ernst nahmen und hoch konzentriert spielten. Doch die wahre Prüfung heißt Real Madrid. Da wird Heynckes wieder zur Stammformation rotieren, um den großem Traum vom Finale im eigenen Stadion möglich zu machen. Ribéry drückte es so aus: "Real ist eine große Mannschaft."

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