Bundesliga-Kommentar "Untergiesing gegen Obergiesing"

Von Klaus Bellstedt
Acht Spieltage vor Schluss dümpelt die Bundesliga nur noch trist vor sich hin. Von Spannung keine Spur. Jetzt kann uns nur noch die Nationalmannschaft retten. Schöne Aussichten!

Die Voraussetzungen für ein echtes Spitzenspiel hätten kaum besser sein können: Ein neuer Rasen war erst Sunden zuvor in der Allianz-Arena frisch ausgerollt worden, und die Temperaturen in der bayerischen Landeshauptstadt erreichten an diesem Sonntag erstmals frühlingshafte Werte. Ja, selbst Jürgen Klinsmann hatte den Weg in den Münchener Norden nach Fröttmaning gefunden. Voll froher Erwartung saß er da, eingekeilt vom Stoiber Edmund und der Fleisch gewordenen Fußball-Allmacht Franz Beckenbauer.

Was sie in den ersten 45 Minuten im Spiel der Bayern gegen Schalke 04 sahen, passte allerdings so gar nicht zum gesteckten Rahmen. Oder, um es mit den Halbzeitworten vom "Kaiser" zu umschreiben: "Es wird nicht Fußball gespielt, sondern nur reklamiert. Das ist Untergiesing gegen Obergiesing. Eine Katastrophe." Und in der Tat: Die erste Hälfte stand beiderseits auf einem erbärmlichen Niveau. Das Treiben auf dem satten Grün beschränkte sich auf Pöbeleien (Ballack), versteckte Fouls (Demichelis) und Provokationen (Poulsen).

Nicht entscheidend an Spannung gewonnen

Nach dem Wechsel weckte Salihamidzic die Bayern mit einem Zufallstor aus ihrer Lethargie. Die zuletzt so hoch gelobten, weil in der Rückrunde noch ungeschlagenen "Knappen", schnarchten bis zum Schlusspfiff munter weiter. "Nach dem 1:0 haben wir spitzenmäßig gespielt", meinte hinterher Felix Magath - und hatte diese Meinung in seiner Analyse ziemlich exklusiv. Zwar schossen seine Männer noch zwei Tore, aber alles in allem blieb der Auftritt des neuen und alten Meisterschaftsanwärters Nummer 1 farb- und leidenschaftslos. Ganz anders als das Freudentänzchen, das Uli Hoeneß, Felix Magath und Co-Trainer Seppo Eichkorn nach dem zwischenzeitlichen 2:0 gemeinsam aufführten. Nach dem Motto: "Was wollt ihr eigentlich von uns? Wir haben unseren Vorsprung doch verteidigt. Uns kann niemand mehr den Titel nehmen."

Womit sie wohl auch Recht haben dürften. Die Meisterschaft hat am 26. Spieltag jedenfalls nicht entscheidend an Spannung gewonnen. Sechs Punkte bleiben zwischen Platz eins und zwei. Niemand glaubt ernsthaft daran, dass der HSV (glanzloser 1:0-Arbeitssieg in Wolfsburg) als ärgster Bayern-Verfolger noch ins Titelrennen eingreifen kann. Schalker und erneut erschreckend schwache Bremer (1:3 in Nürnberg) müssen sich nach ihren Wochenendpleiten eh dringend anderen Zielen widmen.

Vorfreude auf die Nationalmannschaft

Im Tabellenkeller ist die Sache ebenfalls so gut wie durch. Köln (0:1 gegen Hannover 96) und Duisburg (2:5 gegen Frankfurt) stehen praktisch als Absteiger fest. Nur der dritte "Frust-Platz" ist noch nicht vergeben. Um ihn bettelt fast schon die halbe Liga. Verdient hätte ihn nach diesem kalendarisch letzten Winterwochenende eigentlich die ganze. Acht Spieltage vor Ende der Saison plätschert die Bundesliga - anstatt auf der Ziellinie noch einmal so richtig durchzustarten - nur noch trist vor sich hin. Zum Glück spielt Mitte der Woche die Nationalmannschaft...

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