Diskussion über Wettbewerbsverzerrung Die Vorwürfe gegen die Bayern sind absurd

Ein Kommentar von Tim Schulze
Die Bayern haben drei Spiele in Folge verloren. Prompt hagelte es harsche Kritik wegen Wettbewerbsverzerrung - das ist ungerecht. Die Pleiten zeigen nur, dass der Rekordmeister ganz normal tickt.

Wenn Götter stürzen, gibt es immer viele Nebengeräusche. Oder um es etwas weniger pathetisch auszudrücken: Wenn der große, starke Anführer mal kräftig ins Stolpern gerät, ist das Staunen groß. Im Fall der Bayern, die die vergangenen drei Spiele verloren haben, hat die Verwunderung über die Pleiten zu heftiger Kritik geführt. Allen voran die Manager von Hannover und Wolfsburg, Dirk Dufner und Klaus Allofs, kritisierten den Rekordmeister heftig: Allofs sprach von mangelnder "Professionalität". Er verstünde "schon, dass einige Clubs mächtig sauer sind". Der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung steht seitdem im Raum.

Die Argumente, die dafür sprechen, sind schnell aufgezählt. Die Bayern dominierten die Liga fast nach Belieben. Ganze zwei Niederlagen kassierten sie bis zum 30. Spieltag, an dem sie sich die Meisterschaft sicherten. In Folge setzte es dann drei Pleiten in Serie. Zuletzt verloren sie sogar gegen Freiburg, einem Abstiegskandidaten, dem 19 Jahre kein Sieg gegen die Bayern gelungen war. Da ist der Vorwurf mangelnder "Professionalität" schnell ausgesprochen.

Keine anderen Maßstäbe für die Bayern

Leider hat das mit der Realität, wie sie auch für die Profis der Bayern gilt, nicht viel zu tun. Dass die Mannnschaft in Spielen wie gegen Augsburg oder Freiburg nicht mehr bis ans Leistungsmaxium geht, ist nun Mal allzu menschlich. Abstiegsgefährdeten Clubs wie Hannover ist das auch nur selten in der Saison gelungen, sonst stünden sie nicht unten drin. Der Spielplan und der Zeitpunkt der Duelle spielen eine Rolle. Das gilt für alle gleichermaßen. Man denke nur an die Mannschaften, die im ersten Saisondrittel gegen Bremen gespielt haben. Es war einfach der richtige Zeitpunkt, um ziemlich locker drei Punkte einzufahren. Niemand käme auf den Gedanken, deswegen von Wettbewerbsverzerrung zu sprechen. Man darf an die Bayern keine anderen Maßstäbe anlegen als an andere Mannschaften.

Ein anderer Faktor ist noch wichtiger. Freiburgs Felix Klaus brachte es nach dem Sieg auf den Punkt: "Die sind einfach kaputt. Es wäre Schwachsinn, da was reinzuinterpretieren." Die Münchner haben eine lange Saison in drei Wettbewerben mit mehr Spielen als die meisten anderen Clubs hinter sich, sie haben zahlreiche ausgelaugte WM-Fahrer in ihren Reihen und extrem viele Verletzte zu beklagen, was in einer langen Spielzeit ebenfalls mehr ins Gewicht fällt als bei der nationalen Konkurrenz.

Bayern wollten ja gewinnen - konnten nur nicht

Noch etwas: Gerade gegen Freiburg hat Guardiolas Truppe voll auf Sieg gespielt. Der Wille war ihr nicht abzusprechen. Sie wollte den Sieg, sie hat es gegen einen hervorragend eingestellten und leidenschaftlichen Gegner, der noch ein großes Ziel, den Klassenerhalt, vor Augen hat, nur einfach nicht geschafft. Ausgelaugte Startruppe traf auf hochmotivierten Außenseiter. Es soll schon vorgekommen sein, dass in so einem Fall der Außenseiter triumphiert.

Die Bayern thronen weit über allen anderen deutschen Clubs. Ihre Dominanz nervt und langweilt, wenn man nicht gerade leidenschaftlicher Anhänger des Clubs ist. Aber erst zu schimpfen, wenn sie wie am Fließband gewinnen, um dann noch heftiger auf sie einzuschlagen, wenn sie verlieren - solche Vorwürfe sind nicht ernst zu nehmen. Im Gegenteil: Sie sollten Ansporn für die Konkurrenz sein, den Leistungsabstand wieder etwas zu verringern - und die Liga auch an der Spitze wieder spannend zu machen.

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