Es ist eine große Leere in meiner Seele. In Form einer Raute. Da, wo sich Leidenschaft, Spaß, Angst, Jubel, das Zentrum meines Fan-Seins seit mehr als 40 Jahre befinden, zittert heute ein lebloser Schatten. Da, wo vorher die Farben Blau, Weiß und Schwarz das schönste Logo des deutschen Fußballs in meinem Herzen bildeten, ist nur noch Grau.
Ich habe gedacht, dass es nicht mehr so weh tun würde. Dass ich betäubt bin und nichts mehr spüre. Zu oft wurden wir HSV-Fans enttäuscht in den vergangenen Jahren. Die letzten Spiele dieser Saison habe ich nur noch am Rande verfolgt. Weil ich es nicht mehr ertragen konnte.
Eine schlaflose Nacht hat dieses Mal nicht ausgereicht, um den HSV-Kater zu vertreiben. Ich spüre keine Schmerzen, es fühlt sich an wie eine pulsierende Wunde, die nicht richtig heilen will. Da sind zu viele Fragen, meine Freunde kündigen dem Verein in Scharen die Gefolgschaft.
In dieser Saison spielten viele Leute eine Rolle im Verein, die noch nie mit meinem HSV zu tun hatten. Im Team, im Trainerstab und Management. Trotzdem reihten sie sich nahtlos ein in die endlose Phalanx der Gescheiterten und Versager. Wer hat uns dazu verurteilt, mit wechselndem Personal immer die gleiche Tragödie aufzuführen?
Wir sind nicht an Sandhausen gescheitert. Wir sind auch nicht an Bielefeld, Heidenheim oder Stuttgart gescheitert. Der HSV ist einmal mehr an der Vorstellung von sich selber gescheitert. An der seltsamen Idee, nach fünf, sechs oder sieben grottenschlechten Spielen, wie durch ein Wunder das nächste Spiel locker zu gewinnen. Die Vorstellung, nach einer mittelmäßigen ersten Saison als Zweitligist und einem totalen Umbruch, in der zweiten Saison locker aufzusteigen. Die Vorstellung, dass der Gegner nur dazu da wäre, seine Punkte bei uns abzugeben.
Der HSV hält sich für etwas Besseres
All diese Gegner haben uns gezeigt, wie man es macht. Sie sind gerannt, sie haben gekämpft. Bis zur letzten Minute. Sie haben sich gegen uns gestemmt, mit Raffinesse, taktischer Einstellung, mit Härte und Entschlossenheit. Manchmal auch mit dem Glück, das nur der Tüchtige hat. Wir haben staunend zugeschaut und nie ein Mittel dagegen gefunden.
Trotzdem haben wir immer geglaubt, dass wir besser sind als die anderen. Doch dann kam das nächste Team und schoss uns in der Nachspielzeit aus allen Träumen. Aber niemand ist aufgewacht. Der Alptraum begann immer wieder von vorne. Wie könnt ihr uns das antun?
Mein erstes HSV-Spiel war ein Sieg in der Bundesliga gegen Eintracht Braunschweig - als noch Georg Volkert die linke Außenlinie beackerte. Ich stand nur ein paar Meter von ihm entfernt in der Ostkurve des alten Volksparkstadions. Seitdem schlägt die Raute in meiner Brust. Ich habe mir das nicht ausgesucht. Es ist einfach passiert. Der HSV hat mich in all diesen Jahren vieles gelehrt. Vor allem, dass es immer weitergehen muss. Egal, was passiert.
Was jetzt passieren muss
Doch wird sich nach dieser Saison der graue Nebel wieder lichten? Wird meine Leidenschaft zurückkehren, sich die Flamme wieder entzünden?

Nur unter einer Bedingung: Bitte verzichtet auf einen "Neustart"! Wir befinden uns gerade mitten in einem Neustart. Mein Bedarf ist gedeckt. Jetzt heißt es, trotz dieses Desasters und all der Demütigungen weiterzumachen, daraus zu lernen und langsam stärker zu werden. Erfolge produziert man nicht mit einem Paukenschlag, das ist ein Prozess.
Auch wenn ihr am liebsten alles zerschlagen würdet, reißt euch ausnahmsweise mal zusammen! Mit Demut, Kampf, Raffinesse und einem neuen Selbstverständnis. Dann bin ich wieder mit meinem blau-weiß-schwarzen Herzen in der Brust dabei. Es geht ja sowieso nicht anders.