Ein Sieg muss her - egal wie! Für Bayern München zählt am Tag der Entscheidung gegen den RSC Anderlecht nur das sportliche Überleben in der Champions League, und dafür wird neben dem "Geist vom Tegernsee" und einer offensiven Aufstellung mit drei Stürmern vor allem der wieder erwachte Zusammenhalt im Star-Ensemble des deutschen Fußball-Meisters beschworen. "Die Mannschaft ist sich dem Ernst der Lage bewusst. Ich bin überzeugt, dass sie zusammen hält, um diese wichtige Schlacht zu schlagen", erklärte Trainer Ottmar Hitzfeld vor dem entscheidenden Heimspiel an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/SAT.1 und Premiere) im Münchner Olympiastadion.
An ein erneutes Scheitern in der Vorrunde mochte im idyllischen Trainingslager in Rottach-Egern, in das sich der Tabellenletzte der Gruppe A schon am Montag zurück gezogen hatte, niemand denken. "Als Sportler beschäftigt man sich nicht mit 'was wäre wenn?'. Man denkt nur an die positive Seite, an Tore schießen oder verhindern. Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir gewinnen", verkündete Oliver Kahn.
Entscheidende 90 Minuten
Die 90 Minuten im Olympiastadion entscheiden darüber, ob der selbst ernannte Finalkandidat bereits am 10. Dezember die Saison 2003/04 als Fehlschlag einordnen muss, oder nach der Winterpause der angestrebte Sturm auf drei Titel mit neuem Elan fortgesetzt werden kann. "Es geht um die Zukunft für uns als Mannschaft, dass wir im neuen Jahr noch in allen Wettbewerben dabei sind", sagte Hitzfeld. Nur mit einem Sieg gegen Anderlecht (7 Punkte) schaffen die Bayern (6 Punkte) doch noch den Sprung auf Tabellenplatz eins oder zwei.
Im Panorama-Restaurant des Hotels "Bachmair am See" in Rottach-Egern demonstrierten Trainer und Kapitän am Dienstag einträchtig Zuversicht. Wie beim 1:1 in Bremen wird Hitzfeld erneut drei Stürmer aufstellen, den Schlüssel zum Sieg sieht er aber in der Einstellung. "Eine Einheit ist entscheidend im Fußball", sagte der Coach. Um den Zusammenhalt noch zu forcieren, kasernierte Hitzfeld seine Mannschaft zweieinhalb Tage lang am Tegernsee: "Hier haben wir viel Ruhe, hier kommt man ins Gespräch." Auch der Kapitän hob das Miteinander hervor: "Man merkt in solchen Situationen, dass man als einziger wertlos ist. Es geht ums Kollektiv", erklärte Kahn, der Spiele mit Endspiel-Charakter liebt: "Das gibt einem den Kick."
Die Nagelprobe Anderlecht
Anderlecht wird zur Nagelprobe, ob der Lernprozess vollzogen ist, dass die Stärke des FC Bayern Teamgeist und eine kompakte Defensive sind. "Auch mit einer offensiven Ausrichtung kann man defensiv sehr gut stehen", betonte Hitzfeld hinsichtlich des Drei-Mann-Sturms mit Makaay, Pizarro und Santa Cruz. Auch bei Michael Ballack scheint die Überzeugungsarbeit gefruchtet zu haben, dass seine Qualitäten in der Abwehrarbeit dringender gebraucht werden als Tore. "Man muss sich in den Dienst der Mannschaft stellen", sagte der Nationalspieler. Diese Einsicht erfreut Hitzfeld: "Michael Ballack akzeptiert, dass er am wichtigsten ist, wenn er ein Stabilisator für die Defensive ist."
Trotz einer Fersenprellung wird Ballack spielen können, während Robert Kovac (Oberschenkelzerrung) in der Innenverteidigung ersetzt werden muss, vermutlich durch Thomas Linke. Große Hoffnungen setzen Kahn und Co. auf die Unterstützung der vermutlich mehr als 50.000 Zuschauer, die trotz Minusgraden ihrer Mannschaft im Olympiastadion den Rücken stärken wollen. "Wir brauchen absolute Stimmung von der ersten bis zur letzten Minute", appellierte Kahn im Namen der Mannschaft an die Fans: "Dann werden wir das auch packen."
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Bayern München: Kahn - Salihamidzic, Kuffour, Linke, Lizarazu - Hargreaves, Ballack, Zé Roberto - Santa Cruz, Makaay, Pizarro
RSC Anderlecht: Zitka - Zewlakow, Kompany, Tihinen, Deschacht - De Boeck, Hasi, Baseggio, Kolar - Aruna, Mornar
Schiedsrichter: Kim Milton Nielsen (Dänemark)