Wer hat die Power der DFB-Elf neues Leben einzuhauchen? Jogi Löw zumindest hat genug und in der vergangenen Woche seinen Rücktritt angemeldet. Seither werden immer neue Trainer-Kandidaten ausgelobt. Während einige Wunschkandidaten bereits lässig abgewinkt haben, bringt sich ein anderer in Position: Lothar Matthäus.
Nach der EM 2021 macht Löw den Trainerstuhl frei. 15 Jahre war er Bundestrainer, nun sei "der richtige Zeitpunkt, den Stab weiterzugeben". Doch wer den Staffelstab nehmen wird, ist nach wie vor die Frage. Spätestens im September, so DFB-Präsident Fritz Keller, "werden wir einen neuen Trainer haben". Noch ist zwar alles offen, das Karussell ist aber längst angeworfen, die Namen der Spitzentrainer zirkulieren. Aber es hagelt auch Absagen.
"Franz Beckenbauer wollte auch nicht Teamchef werden"
Einer, der zunächst kategorisch ausgeschlossen hatte, dass Erbe von Löw anzutreten und nun doch ins Nachdenken gekommen zu sein scheint, ist der ehemalige Weltfußballer Lothar Matthäus. Matthäus ist nach wie vor Rekordnationalspieler, stand für die Mannschaft 150 Mal auf dem Rasen. Sowohl Ex-Spieler Mehmet Scholl als auch Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld hatten Matthäus zuvor als möglichen Kandidaten genannt. Der aber hatte mehrmals zum Ausdruck gebracht, dass er keine Ambitionen habe, Löws Nachfolger zu werden; er sei "zufrieden".
Es hat ihn aber wohl auch noch niemand gefragt. Denn im Podcast "Bayern Insider" sagte der Ex-Profi am Freitag: "Wenn irgendwann die Frage auf mich zukommt vonseiten der Verantwortlichen, musst du dir natürlich die Gedanken machen." Und führte aus: "Ein Franz Beckenbauer wollte 1984 auch nicht Teamchef werden, sondern hat es im Endeffekt gemacht, auch auf einen gewissen öffentlichen Druck hin." Wenn er einen ähnlichen Druck spüre, dann würde er es sich überlegen. Am Sonntag legte Matthäus nun nach, signalisierte bei Sky ein weiteres Mal Gesprächsbereitschaft. "Ich bin jemand, der gerne hilft", sagte der 59-Jährige.
Aber: Der Deutsche Fußball-Bund müsse sich jetzt "erst selbst einmal finden. Der DFB muss wissen, was wollen wir und wem trauen wir es zu." Wäre Matthäus der richtige Mann? Er war bereits als Trainer aktiv, allerdings nicht bei Weltklasse-Mannschaften. Mit Partizan Belgrad holte er einst die serbische Meisterschaft, als er Co-Trainer bei RB Salzburg war, errang die Mannschaft den österreichischen Meistertitel. Das waren die größten Erfolge. Das letzte Mal, dass er auf der Trainerbank saß, ist lange her. Seit dem Ende seines Engagement als Nationaltrainer in Bulgarien war er nicht mehr als Trainer tätig – das war 2011. Sowieso hat er andere Ideen für den Posten. Im Sky-Gespräch sagte er, "der ideale Kandidat für die Nationalmannschaft" sei Bayern-Coach Hansi Flick.
Keiner will's machen
Damit steht er nicht allein da. Flick gilt als ein Top-Kandidat für den Posten. Er arbeitete bereits als Löw-Assistent, hält sich aber bislang mit Aussagen zum Thema weitgehend bedeckt, verweist weiterhin auf seinen Vertrag beim FC Bayern München. "Ich habe alles dazu gesagt. Ich habe einen Vertrag bis 2023 und mehr muss ich dazu nicht sagen", machte er am Samstag vor dem Spiel gegen Werder Bremen noch einmal bei Sky deutlich. Ein endgültiges Nein kam ihm bisher aber noch nicht über die Lippen. Ebenso weigerte er sich über mögliche Nachfolger zu spekulieren. "Das ist Aufgabe von Oliver Bierhoff. Er hat Zeit, das zu lösen", sagte Flick bei einer Pressekonferenz am Freitag.
Fan-Liebling Jürgen Klopp jedenfalls hat keine Lust. "Kloppo" fühlt sich in der Premier League pudelwohl, steht ohnehin bei Liverpool unter Vertrag. Es sei zwar schön, dass sich viele ihn als Nachfolger wünschen, "aber es ist auch unangenehm, wenn man immer absagen muss", sagte er unlängst ebenfalls bei Sky. Eigentlich dürfe man ihn überhaupt nicht fragen: "Warum sollte ich jetzt sagen: 'Liverpool interessiert mich nicht mehr. Was wir in den letzten Jahren mit den Jungs gehabt haben, läuft gerade nicht so gut. Das ist ein guter Zeitpunkt, um sich aus dem Staub zu machen und alle paar Wochen ein bisschen Deutschland zu trainieren.'"

Und lenkte sodann von sich selbst ab, nannte seine "erste Lösung" für den Posten: Ralf Rangnick. "Vielleicht fragt ihr den mal." Der saß ebenfalls im Studio, schloss ein Engagement nicht aus. Allerdings ist Rangnick derzeit noch für eine andere Stelle im Gespräch. So berichteten mehrere Medien jetzt, dass Rangnick bereit sei, als Sportvorstand zum Schalke 04 zurückzukehren. Viele hoffen, dass er als Retter in der Not einspringt und die Mannschaft wieder auf Vordermann bringt. Rangnick war in Gelsenkirchen bereits zweimal Trainer.
Kurzum: Bislang schreit keiner laut Ja. Stattdessen verweist einer auf den nächsten und so weiter. Wird's am Ende doch eine Frau? Bierhoff zumindest hat das nicht ausgeschlossen. Und auch Christoph Daum, der einmal selbst fast Bundestrainer geworden wäre, kann sich eine Frau im Team gut vorstellen. Im Interview mit Sport1 am Samstag sagte er: "Im Trainerteam würde ich gerne eine Trainerin sehen."
Damit könne der DFB ein deutliches Signal setzen, denn "Trainer arbeiten selbstverständlich erfolgreich im Frauenfußball, das sollte genauso für Frauen im Männerbereich möglich sein". Außerdem verfügten Trainerinnen neben der "fachlichen Qualifikation über ein hohes Maß an Kreativität, Intuition und emotionaler Intelligenz".
Quellen: FAZ,Frankfurter Rundschau, Sportbuzzer, Sport1