Erst zeigte Rotsünder Bastian Schweinsteiger den Kroaten noch den Vogel, dann verdrückte er sich wortlos durch einen Seitenausgang des Wörthersee-Stadions in den Mannschaftsbus. Dafür machten die Teamkollegen unverhohlen ihrem Ärger Luft. "Es ist immer unnötig, wenn man sich provozieren lässt und Rote Karten kassiert, die vermeidbar sind. Er ist ein junger Spieler, aber er ist mit über 50 Länderspielen auch erfahren genug, dass ihm das nicht passieren sollte", war Kapitän Michael Ballack mächtig sauer: "Und nicht nur ich als Kapitän."
Erst am Tag nach dem Blackout beim 1:2 beendete Schweinsteiger sein Schweigen - wenn auch nicht direkt. "Der Platzverweis ist natürlich frustrierend. Aber ich habe nach dem Tritt von hinten in meinen ohnehin schon lädierten Knöchel einen stechenden Schmerz verspürt und dann falsch reagiert", ließ der Mittelfeldspieler seine Rechtfertigung über den DFB verbreiten. Eine öffentliche Entschuldigung an die enttäuschten Mannschaftskameraden und den Bundestrainer blieb zunächst aus. "Wir haben vor dem Spiel gesagt, wir dürfen uns nicht provozieren lassen", monierte Joachim Löw, wollte aber den Sünder nicht völlig abstrafen. "Es war eine Unsportlichkeit, aber keine Tätlichkeit."
Vogel gegen Kroaten-Bank
Das sahen die Richter des Europäischen Fußball Verbands Uefa offenbar auch so und entschieden: Der deutsche Mittelfeldspieler muss nur eine Partie pausieren. Nach dem Foul von Jerko Leko hatte sich Schweinsteiger postwendend umgedreht und sich mit einem Stoß revanchiert. Auf dem Weg Richtung Kabine fühlte sich der 23-Jährige dann noch von der kroatischen Bank provoziert, ließ sich zu der abfälligen Geste hinreißen und tippte sich - von den TV-Kameras eingefangen - mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
"Schweini darf sich nicht provozieren lassen", ärgerte sich auch Torsten Frings, wenngleich sich der Bremer auch etwas mehr "Fingerspitzengefühl" vom Unparteiischen gewünscht hätte. Doch das wollte keiner im Team als Ausrede gelten lassen. "Er kam rein und wollte das Spiel umbiegen, aber so darf er nicht reagieren", meinte Miroslav Klose nach der ersten Roten Karte für den DFB bei einem Turnier seit zehn Jahren. Damals war Christian Wörns bei der WM in Frankreich vom Platz geflogen, in Unterzahl hatte Deutschland im Viertelfinale gegen Kroatien alle Hoffnungen begraben müssen.
Nun droht das Aus bei der Euro 2008. Schweinsteiger fehlt beim schweren Kampf gegen Österreich und den dritten Vorrunden-K.o. nach 2000 und 2004. "Da haben wir jetzt eine Option. Das trifft uns, weil er ein guter und wichtiger Spieler ist", beklagte Ballack.
Irgendwie passte die Rote Karte ins Bild einer bislang für ihn frustrierenden EM, die zu einem Karriereknick werden könnte. Während er im Verein den Stammplatz an Franck Ribéry verloren hatte, lief ihm im Nationalteam ausgerechnet der einstige WM-Kumpel Lukas Podolski links im Mittelfeld den Rang ab. Nach seiner 14. Einwechslung im DFB-Trikot war Schweinsteiger aber gegen Kroatien auf dem besten Weg, sich zurück ins Team zu spielen. Doch vor den Augen seiner Freundin Sarah auf der Tribüne beendete der Mann, der den oft unbeherrschten Zinedine Zidane als Vorbild hat, seinen 24-minütigen Kurzauftritt selbst mit einer Dummheit.