Nationalmannschaft "Frings ist ein harter Kerl"

Kann Torsten Frings trotz seines Rippenbruchs morgen im Viertelfinale gegen Portugal spielen? stern.de sprach mit dem HSV-Arzt Oliver Dierk über Chancen und Risiken eines Einsatzes. Der HSV-Handballer Bertrand Gilles spielte mit der schmerzhaften Verletzung - mit Brustpanzer und Schmerztabletten.

Kann ein Sportler mit gebrochenen Rippen spielen?

Das kann man leider nicht pauschal beantworten. Im Grunde ist alles ein Wettlauf gegen die Zeit – und das ist bei einem so engen Turnier wie der Europameisterschaft natürlich fatal. Ein Rippenbruch bedeutet für den Sportler enorme Schmerzen. Das heißt, der Körper muss ein paar Tage zur Ruhe kommen, bis er wieder einsetzbar ist. Und währenddessen verrinnt natürlich die Zeit.

Bei Betrand Gille lagen zehn Tage zwischen der Verletzung und seinem ersten Spiel, bei Torsten Frings wären es drei. Wie wahrscheinlich ist sein Einsatz?

Sie müssen verstehen, dass ich hier der Diagnose eines Kollegen nicht vorgreifen möchte, zumal ich den Patienten ja gar nicht gesehen habe. Aus der Erfahrung kann ich nur sagen: Es wird eng, wenn der Sportler sich drei Tage vorher die Rippe gebrochen hat. Richtig eng. Da ist man als Arzt mit all seinen Tricks trotzdem der Zeit ausgeliefert. Auch Bertrand Gille musste ein, zwei Spiele pausieren, bis wir ihn so weit hatten. Und dann spielt der Sportler noch lange nicht schmerzfrei! Torsten Frings ist ein harter Kerl, der wird versuchen zu beißen – aber drei Tage ist leider wirklich wenig Zeit.

Als Mediziner betreuen Sie ja beide Sportarten, Fußball und Handball. Stimmen sie der Aussage zu, dass Handballer ohnehin die härteren Sportler sind, deshalb auch eher bei Schmerzen auf die Zähen beißen?

Nein, dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Ich glaube, dass alle Sportler, die auf diesem Niveau spielen eine unheimlich hohe Schmerztoleranz mitbringen - neben großem Talent und meist noch größerem Ehrgeiz. Da geht niemand, auch kein Fußballspieler, nach dem Spiel ohne Schmerzen vom Feld.

Welche Möglichkeiten gäbe es denn für Torsten Frings, sollten die drei Tage wider Erwarten für ihn reichen?

So eine Verletzung ist immer eine Ausnahmesituation, deshalb muss man zuerst mit dem Sportler sprechen, inwieweit man Einfluss nehmen kann. Grundsätzlich bietet sich natürlich die Möglichkeit der Schmerzmittel im Rahmen der Anti-Doping-Richtlinien. Im Fall Bertrand Gille - einem Kreisläufer mit extrem vielen Körperkontakten im Spiel - habe ich zusätzlich einen Rippenprotektor anmodellieren lassen, so eine Art Schutzschild aus Kunststoff, der jeder einzelnen Rippenwölbungen angepasst und anschließend mit einem Tape fest angeklebt wird. Fußball ist von der körperlichen Belastung her natürlich ganz anders. Da geht es viel mehr ums Laufen.

Ein Rippenpanzer wäre da nicht sinnvoll?

Das muss man ausprobieren. So ein Schutzschild habe ich auch bei anderen Berufssportlern angewendet, bei Tänzern zum Beispiel oder Eishockeyspielern. Diese Art der Verletzung ist bei Sportlern ja nicht selten. Aber es gibt natürlich Athleten, die den Druck dieses Panzers nicht tolerieren, er bereitet ihnen nur Schmerzen, und dann ist so eine Maßnahme natürlich sinnlos. Bei Bertrand Gille hatten wir Glück, er hat den Druck ausgehalten.

Zum Schluss eine Frage an den Fußballfan und nicht den Sportmediziner – würden Sie sich wünschen, dass Torsten Frings im Viertelfinale dabei ist?

Keine Frage, natürlich wünsche ich mir das. Torsten Frings ist ein Ausnahmespieler. Welcher Fußballfan würde sich nicht wünschen, dass er im Viertelfinale dabei ist? Auf so einen Fußballer kann keine Mannschaft der Welt verzichten!

Interview: Iris Hellmuth

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