Wenn Petr Cech in seinem Anzug mit Krawatte und den großen Kopfhörern da steht und aussieht, wie das gute Gewissen des tschechischen Fußballs, kann man kaum glauben, dass er sich eben noch in den Dreck warf. Er sieht dann eher aus wie einer der Banker aus dem Innenstadtviertel Londons, in dem jedes Institut von Ruf eine Niederlassung unterhält. Der 26 Jahre alte Cech ist so etwas wie die Niederlassung des tschechischen Fußballs im Ausland. Es gibt nicht mehr viele Stars daheim. Tomas Rosicky vielleicht, aber der Regisseur von Arsenal ist verletzt und längst nicht auf dem Level von Chech angekommen. Nicht mal die großen Eishockeystars kommen an ihn heran. Cech ist Lichtjahre entfernt.
Bescheiden, leistungswillig, unauffällig und mit Stehvermögen ausgestattet, auch die Werbewirtschaft liebt solche Figuren. Die nationale Fluglinie CSA hat ihn unter Vertrag wie die tschechische Sparkasse und Rrim, ein Hersteller von Luxusuhren. Der Sportartikelhersteller "adidas" verlängerte neulich seinen Vertrag oder besser Cech tat es zusammen mit seinen Beratern. Knapp 4,5 Millionen Euro soll ihm das eingebracht haben. Und es wird berichtet, dass selbst der Milliardär Roman Abramovic bei Chelsea weiß, was er an seinem Torwart hat. Das Gehalt von derzeit rund acht Millionen Euro pro Saison soll angehoben werden. Ein Fachmagazin kürte ihn kürzlich zur attraktivsten "Sportmarke".
Tschechen lieben ihn wegen seiner sanften Art
Cech gilt trotz der üppigen Einkünfte nicht als Raffzahn. Im Gegenteil, es gibt keinen Tschechen, der ihm nicht jeden Euro gönnen würde. Das liegt an seiner sanften Art, mit der er fast alle Dinge erledigt. Selbst unangenehme. Als nach einem verlorenen EM-Qualifikationsspiel in einem Prager Hotel eine Orgie einiger Nationalspieler mit Prostituierten stattfand, hielt Cech, der nicht an der ausufernden Party teilgenommen hatte, danach eine aufrüttelnde Rede an die Mannschaft. Der Welttorhüter von 2005 zahlte wie selbstverständlich seinen Anteil an der 35.000-Geldstrafe, die der Verband dem Team auferlegte.
Am Sonntag nun könnte es wieder eng werden für die Tschechen. Und der Torwartriese Cech muss wieder da sein für sein Land. Es geht gegen die Türkei, und es droht ein Elfmeterschießen um den Einzug ins Viertelfinale. Das wäre der Fall, wenn die beiden Unentschieden spielen. Es ist vor allem Cechs Anwesenheit zu verdanken, dass man sich dem gewachsen fühlt. Der 1,96 Meter große Cech wird wieder mit seiner Rugbykappe im Tor stehen, die er seit einer schweren Kopfverletzung im Oktober 2006 trägt. Es war eine Schädelfraktur, und man musste um sein Leben fürchten. Cech kam zurück, schien besser denn je, und es sorgt nicht einmal für Aufregung, dass der entscheidende Mann seit einiger Zeit Kontaktlinsen tragen muss. "Am Anfang musste ich eineinhalb Stunden früher aufstehen, um die Linsen einzulegen. Mittlerweile komme ich damit gut zurecht, es geht in 20 Sekunden. Ich habe nicht einmal Angst, eine während eines Spiels zu verlieren".
Cech: Wir sind immer noch stark genug
Cech scheint gerade rechtzeitig vor dem Duell gegen die Türkei die letzte Hürde genommen zu haben. Und er tut das, was man von ihm erwartet. Er macht einer einst großen Mannschaft Mut, die fast alle ihre Stars verloren hat. "Wir sind immer noch stark genug, um mindestens das Viertelfinale zu erreichen. Das müssen wir uns vor Augen führen, wenn wir am Sonntag in Genf spielen." Als Cech das sagt, trägt er keinen Anzug und keine Krawatte. Aber selbst im Trainingsanzug schaut er aus wie einer, der genau kalkuliert hat, was er in dem Moment sagen muss.
Cech steht schließlich für sportliche Rekorde. So blieb der Mann, den sie in England nur "Big Pete" nennen, schon in seinem ersten Profijahr bei Sarta Prag im Jahr 2000 903 Minuten ohne Gegentor. Zwischen Dezember 2004 und Februar 2005 schaffte er in der Premier League sogar 1025 Minuten ohne Gegentreffer. Das schafft unerschütterliches Vertrauen.