Wir kommen, um uns zu beschweren: Diese Europameisterschaft war nichts Halbes und nichts Ganzes. So mancher sucht vielleicht immer noch nach seiner EM-Stimmung - so wie die deutsche Mannschaft nach dem Sieger-Gen. Dabei ist das Turnier schon vorbei, eigentlich schon fast vergessen. Wer sich dennoch erinnert, dem kommen vor allem halbe Sachen in den Sinn.
Nur ein halber Deutscher im Finale
Damit geht's doch schon los. Riccardo Montolivo war der einzige Deutsche im Finale. Der Italiener hat dank einer deutschen Mutter auch einen deutschen Pass, fühlt sich aber nur zu zehn Prozent deutsch, wie er selber sagt. Das ist uns entschieden zu wenig bzw. "das hatten wir uns scho' au' anders vorgestellt", um's mit Jogi Löw zu sagen.
Die Deutschen halten nicht durch
Vorgestellt hatten wir uns nämlich: Superturnier, alles gewinnen, Spanien schlagen, Europameister werden, Pott präsentieren auf der Berliner Fanmeile, Sommermärchen - und NICHT (!) schon wieder gegen Italien verlieren. So begeisterten unsere Helden bestenfalls so halb. Und den Pizza-und-Pasta-Boykott haben wir schon 2006 nicht durchgehalten.
Spanier begeistern nur zum Schluss
Die Spanier machten es andersrum: Gähnial während des ganzen Turniers und erst so richtig auf die Pauke hauen, wenn es zum guten Schluss drauf ankommt. Erst wenn sie müssen oder wollen, lassen die Herren in Rot die anderen so richtig schlecht aussehen. Das ist klug. Sie müssen auch nur noch selten. Das ist toll. Für Spanien. Und frustrierend für den Rest.
Die Franzosen hatten schon mal mehr Streit
Zum Beispiel für die Franzosen. Die kriegten gegen die Spanier keine Schnitte, wirkten für ihre Verhältnisse arg ausgeruht. Bei der WM in Südafrika hatten sie noch richtig vom Leder gezogen: Streit, Beschimpfungen, Trainings-Boykott - da war alles dabei. Diesmal bot der Kollege Ben Arfa seinem Trainer nach einem Streit lieber an, selber abzureisen. Musste er aber dann doch nicht. Samir Nasri immerhin pöbelte mal richtig rum. Aber nur gegen Journalisten. Das zählt ja nicht.
ZDF ist nicht dabei, schon gar nicht mittendrin
Etliche Kollegen des ZDF waren nicht mal theoretisch in der Gefahr, von Monsieur Nasri beschimpft zu werden. Die Besetzung des sogenannten "Fußballstrands" schaffte es ja nur bis Heringsdorf, scheiterte also knapp an der Einreise ins EM-Land Polen. Eindeutig nur dabei statt mittendrin. Fußball gucken, indem man anderen Leuten beim Fußball gucken zusieht - wenn das keine halbe Sache ist.
Griechen haben schon mal mehr überrascht
Was dem ZDF die verpasste Einreise, ist dem Griechen der verpasste Einzug - ins Halbfinale nämlich. Das wäre eine richtige Sensation gewesen. Hat natürlich auch nicht vollends geklappt. Zwar weiß bis heute keiner so genau, wie die ehemaligen Helden des Rehakles die Gruppenphase überstehen konnten, sie haben es aber trotzdem geschafft. Aus dem dann angekündigten "Krieg gegen Merkel" wurde aber nichts. Erstens spielte Merkel natürlich gar nicht mit, zweitens haben die Deutschen keinen Sinn für Überraschungen (siehe Halbfinale gegen Italien). Immerhin: Zwei Tore durften die Griechen nicht mal gegen Polen schießen.
Zwei halbe Gastgeber
Apropos Polen: Unsere Nachbarn waren natürlich wunderbare Gastgeber, genau wie deren Nachbarn, die Ukrainer. Aber sie waren eben - liegt ja in der Natur der Sache - auch nur halbe Gastgeber. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, eher schon Herrn Platini, dem Uefa-Chef. Wenigstens bei einer Sache erlaubten sie sich die Co-Gastgeber keine Halbheiten: Beide schieden in der Vorrunde aus.
Unrühmliche Ausnahme Holland
Womit wir bei Holland wären. Die Oranjes hatten mit dem Turnier schlicht nichts zu tun. Dementsprechend machten sie auch keine halben Sachen. Drei Spiele, drei Niederlagen, null Punkte. Und raus.