Vermutlich kann der Fußballgott nur so groß, gütig und gerecht sein, weil der Teufel immer auf den großen Haufen macht. Im deutschen Fußball steht der größte Haufen an der Säbener Straße in München-Giesing. Dort kumulieren seit vielen Jahren Titel, Geld, Stars und überhaupt alles, was glitzert in der Kickerszene. Große Massen üben große Anziehungskräfte aus, und deswegen kann sich der FC Bayern seit vergangener Saison auch noch mit dem Fußballgott persönlich schmücken. Der ist zwar nur 1,80 Meter groß aber ansonsten bereits allem weltlichen entwachsen. Pep Guardiola, der Große.
Als Genie bejubeln ihn die Kollegen von "11 Freunde". Als himmlisch die von "Bild". Ja, ja, ja. Stimmt alles. Neun Tore haben seine Spieler in der aktuellen Champions-League-Runde geschossen, davon allein sieben gegen AS Rom. In der Bundesliga sind es bereits 21, sechs Stück allein gegen Bremen. Gegentore im letzten halben Dutzend Spiele: null.
Nun tritt ein, was die Wettbewerbspessimisten schon vor Amtsantritt des spanischen Wundertrainers befürchtet haben: Die Bayern werden bis auf Weiteres eine unbezwingbare Bestie sein, eine, die Deutschland sowieso aber auch Europa nach Belieben dominieren wird. Für die Fans ist das eine gute Nachricht. Und auch für Bayern-Hasser.
Vage Hoffnung auf eine schöne Pleite
Bislang war es doch so: Wer den Verein aus dem Tiefsten seines Herzens verabscheute (wie der Autor dieser Zeilen), der hatte in der Vergangenheit nur selten etwas zu lachen. Natürlich, es gab diese wunderbaren und schmählichen Niederlagen wie 1999 gegen Manchester United, die Demütigung durch Dortmund im Pokal-Endspiel 2012 oder das unglücklich vergeigte "Finale Dahoam" gegen Chelsea eine Woche später. Aber dazwischen? Konnten Bayern-Hasser Wochenende um Wochenende nur in der vagen Hoffnung auf eine schöne oder überraschende Niederlage leben.
Nun ist Hass im Fußball zwar ganz hübsch, aber als dauerhaftes Freizeitvergnügen nur von mäßiger Qualität. Nicht nur wegen seiner Idiotie (wer drückt schon gern Mannschaften wie dem FC Chelsea die Daumen, nur weil man gegen Bayern München ist), er verbreitet schlechte Laune (wie etwa früher beim berüchtigten wie zuverlässigen Bayern-Dusel), aber vor allem wohnt dem Hass immer noch viel zu viel Gefühl inne. Man kennt das aus der Liebe: Richtig weh tut sie erst dann, wenn die große Gleichgültigkeit eingezogen ist.
Danke, Pep, Du Fußball-Gott
Und da kommt Pep wieder ins Spiel: Er hat eine Mannschaft geformt, die keinen Vergleich mehr scheuen muss. Die immer gewinnt. Die alles dominiert und die niemanden neben sich duldet. Schön für den Verein. Nur: Was will man damit? Warum sollte man sich Spiele anschauen, wenn man ohnehin weiß, wer als Sieger vom Platz gehen wird? Wegen des perfekten Fußballs? Die Harlem Globetrotters hatten seinerzeit auch mit perfektem Basketball die Menschen unterhalten, und tingeln bis heute um die Welt. Aber es ist Show. Nichts wert.
Was zählen zwei Dutzend Meisterschalen im Schrank, wenn sie im Jahresplan eingepreist werden, wie der Produktionsüberschuss einer Schraubenfabrik? Nichts. Die Bundesliga war vielleicht nie gerecht, aber nun findet der eigentliche Wettbewerb nur noch unterhalb von Platz 1 und den dort festgetackerten Bayern statt. Was also hat der Verein dort noch zu suchen?
Pep, der Gnädige, aber hat uns endlich erlöst - erlöst von der überflüssigen und seelenzerfressenden Dynamik des Hasses. Endlich nimmt der Verein den Platz in unseren Herzen ein, den er verdient: gar keinen. Er ist irgendwohin entschwebt, wo ihn bald nicht mal mehr jemand wahrnimmt. Und das ist auch gut so. Bayern München ist egal. Danke, Pep, Du gütiger Fußballgott.
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