Presseschau zum FC Bayern "Die Bayern demaskieren sich als provinziell"

Uli Hoeneß vom FC Bayern München
Uli Hoeneß vom FC Bayern München blickt unruhigen Zeiten entgegen
© Swen Pförtner / DPA
Der FC Bayern München hat eine Pressekonferenz gegeben, um die eigenen Spieler gegen die aus Vereinssicht überzogene Kritik der Medien zu verteidigen. Karl-Heinz Rummenigge, Hasan Salihamidžić und Uli Hoeneß saßen auf dem Podium. Rummenigge zitierte dabei sogar Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Auf Twitter schwanken die Reaktionen zwischen "peinlich berührt" und "völlig lächerlich". Einige fühlen sich sogar an die legendär peinliche Pressekonferenz bei der Auflösung der Girlband TicTacToe erinnert. Es scheint jedenfalls so, als hätte der FC Bayern München sich mit dieser Pressekonferenz absolut keinen Gefallen getan. Mal schauen, ob die PK Auswirkungen auf die Leistung der Spieler in der Bundesliga hat.
Die Bayern-Bosse holten am Freitag zur großen Medienschelte aus. Sie beklagten eine unfaire Berichterstattung, drohten gar mir juristischen Schritten. Für die Kommentatoren hat sich der Rekordmeister mit dieser Ansage bis auf die Knochen blamiert.

Beim FC Bayern gärt es. Nach vier sieglosen Spielen haben die Münchner Bosse vor dem als Wendepunkt erhofften Neustart beim VfL Wolfsburg mit heftiger Medienschelte für Aufsehen gesorgt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz beklagten Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic einen Sittenverfall in der Fußball-Berichterstattung und kündigten energische Gegenwehr an, notfalls mit juristischen Mitteln. Die deutsche Presse kann da nur mit dem Kopf schütteln.

"Bild-Zeitung": Aber berechtigte Kritik muss man aushalten können, wenn man einen Verein wie Bayern München führt, der vier Spiele nicht gewonnen hat und auf Platz 6 steht. Dazu gibt es zum Glück auch einen Artikel im Grundgesetz: Pressefreiheit! Als Gesamteindruck bleibt: Die Krise beim FC Bayern ist größer als bisher angenommen. Auch die Führungsriege ist betroffen. Von Souveränität keine Spur.

"Rheinische Post": Aber Hoeneß und Rummenigge sind als Kronzeugen für ein faires, angemessenes (und auch gesetzestreues) Verhalten wahrlich ungeeignet. Hatte Hoeneß nicht gerade einem Leverkusen-Spieler attestiert, „geisteskrank“ zu sein? Und einen Ex-Spieler als „Söldner“ diffamiert? Und einem anderen Ex-Spieler vorgeworfen, einen „Scheißdreck“ gespielt zu haben? Ach ja: Würde. Respekt. Man wünschte den Bayern-Verantwortlichen mehr Gelassenheit. Und mehr Fokus auf die sportliche Analyse von vier sieglosen Spielen.

"Westdeutsche Allgemeine Zeitung": Wer sich seiner eigenen Stärke bewusst ist, braucht nämlich kein Medientheater aus dem Nichts. Indem Hoeneß offensichtlich von eigenen Problemen im Verein ablenken und seinen neuen Trainer Niko Kovac aus dem Rampenlicht ziehen möchte, wird umso deutlicher: Bayern wankt. Niemand macht den Bayern-Bossen die Erfolge streitig, niemand die Qualität ihrer Arbeit. Die Größe des Klubs setzt Maßstäbe, an denen sich alle anderen Profiklubs, jeder einzelne in seinen Möglichkeiten, orientieren. Am Freitag haben sich die Bayern ganz klein gemacht.

"Die Welt": Die Bayern demaskierten sich als provinziell und beendeten auf schauerliche Weise die Mär vom Weltklub. Bei Giovanni Trapattonis legendärer Wutrede 1998 gab es am Ende noch Applaus. Sie kam aus dem Herzen und nicht aus der Aktentasche mit Klagen und Unterlassungserklärungen, die nichts über den Wahrheitsgehalt einer Berichterstattung aussagen.

"Süddeutsche Zeitung": So könnte man das nämlich schon auch sehen mit dem mangelnden Respekt: Sehr entschlossen, aber leider nicht sehr gut vorbereitet saßen die Bayern-Bosse auf dem Podium, sie hatten zwar ihre sieben Fallbeispiele über Bernat, die Springer-Presse und all die TV-Experten dabei, aber man hatte nicht den Eindruck, dass sie besonderen Respekt vor der gesellschaftlichen Wucht dieser Debatte haben. Der FC Bayern ist ein großer Klub mit sehr großen und sehr verdienstvollen Funktionären, aber an diesem Freitag ist die Würde dieses Klubs in jedem Fall antastbar geworden.

"Kicker": Es ist in Ordnung, dass etwa Rummenigge Spieler wie Manuel Neuer in Schutz nehmen will. Es spricht für Hoeneß, dass er immerhin auf Nachfrage auf Mesut Özil und Karim Bellarabi gezielte Ausdrücke abschwächt, doch unterm Strich hat die Abteilung Attacke als Doppelspitze ein Eigentor geschossen, das so nicht hätte fallen müssen. Denn souverän geht anders. Dazu kommt: Der Druck auf Spieler, Trainer, Sportdirektor und, ja, auch die Chefs, hat sich damit noch einmal extrem erhöht.

"11Freunde": Tatsächlich wirkte der Verein nie dünnhäutiger, instabiler, ja kleinkarierter als auf dieser PK. Deren wichtigsten Satz sagte übrigens Karl-Heinz Rummenigge, der an einem früheren Punkt der PK fragte: "Geht's eigentlich noch?" Es war der einzige Satz, dem man zustimmen konnte.

"Spiegel Online": Zum Schluss blieben Fragezeichen zurück. War es nur der übliche Mechanismus, den man schon so oft erlebte: Läuft es sportlich mal nicht, dann feste drauf auf die anderen? Ein Ablenkungsmanöver von den eigenen Schwächen? Deutlich wurde zumindest, dass die Nerven blank lagen vor dem wichtigen Spiel in Wolfsburg am Samstag. Und es war ein Auftritt, über den man noch lange sprechen wird - und irgendwie auch rätseln.

DPA
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