FUSSBALL Nicht um jeden Preis

In Leverkusen läuft es im Moment rund wie selten zuvor. Trotzdem bleiben die Bayer-Macher bei ihrer Finanzplanung auf dem Boden der Tatsachen.

Der Erfolg seiner Fußball-Profis macht den Chemiekonzern Bayer AG nicht verschwenderisch. »Mein Ziel wäre es, eine europäische Spitzenmannschaft zu formen, aber finanziell ist das nicht möglich«, muss Leverkusens Manager Reiner Calmund sich eingestehen. »Die Bayer AG hat eine andere Philosophie. Sie will nicht mit der Dampfwalze im Sportsponsoring alles platt machen.«

Keine Nachschießpflicht

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Bayer-Team momentan in der Fußball- Bundesliga auf Platz eins steht und in der Champions League im exklusiven Kreis der 16 besten Clubs Europas mitspielt.

»Wir wollen möglichst weit kommen, aber nicht um jeden Preis. Es gibt keine Nachschießpflicht, damit Calli mit dem Koffer auf Einkaufstour gehen kann«, erklärte Meinolf Sprink, Sportbeauftragter der Bayer AG.

Umsatz noch nicht »meisterlich«

Das von ihm auf 190 Millionen Mark (97.15 Millionen Euro) bezifferte Umsatzvolumen der Fußball-GmbH, einer 100-prozentigen Bayer-Tochter, ist Ausdruck dieser Limitierung - im Vergleich sind die Summen fast »peanuts«.

Liga-Rivale Bayern München schloss das letzte Geschäftsjahr mit einem Umsatz von fast 339 Millionen Mark (173.33 Millionen Euro) ab und spielt damit auf dem Finanz-Niveau des Kult-Clubs Manchester United. In welchen Dimensionen das Profi-Geschäft läuft, zeigt auch das Beispiel Juventus Turin.

Weit mehr als 300 Millionen Mark (153.39 Millionen Euro) investierte die zahlungskräftige »alte Tante« allein vor dieser Saison in neue Spieler, holte aber auch mit einem Schlag 146 Millionen (74.65 Millionen Euro) durch den Verkauf von Superstar Zinedine Zidane an Real Madrid wieder rein.

Talente statt Bizeps

Bei Bayer gehen da schon Wintereinkäufe wie vor einem Jahr, als mit Lucio, Diego Placente und Dimitar Berbatow drei Akteure für 35 Millionen Mark (17.9 Millionen Euro) verpflichtet wurden, an die Substanz. »Es geht nicht darum, Spieler wie Briefmarken zu sammeln«, meint Sprink.

Vielmehr gehöre es zur Vereinspolitik, Talente zu entdecken und sukzessive aufzubauen - und zu verkaufen. »In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit wäre es auch nicht gut, wenn wir die Bundesliga aufkaufen wollten. Wir wollen nicht mit dem großen Bizeps spielen«, ergänzt er.

Einkaufstour im Sommer

Etwas potenter wird man jedoch mit Blick auf Verstärkungen für die Saison 2002/2003 auftreten können. Schließlich wird durch die Erfolge in der Champions League (mindestens 60 Millionen Mark/30.68 Millionen Euro) und den möglichen Verkauf von Michael Ballack (etwa 30 Millionen Mark/15.34 Millionen Euro) die Bayer-Kasse überproportional gefüllt werden.

»Ich bin mit dem Kader zufrieden, aber ich habe gesagt, ich will eine Mannschaft formen, die internationales Topformat hat«, formulierte Bayer- Trainer Klaus Toppmöller am Mittwoch in einem Interview mit »Der Welt« bereits seine Ansprüche.

Partner für Bayer?

Um die Konkurrenzfähigkeit zu halten oder gar zu steigern, hat man aber auch im Bayer-Werk über Möglichkeiten nachgedacht, zusätzlich Geldquellen zu erschließen.

Wenn die Preisspirale im Profi-Fußball sich weiter so drehen würde, »könne man darüber nachdenken, einen Partner ins Boot zu bekommen, um im internationalen Wettbewerb mitzuhalten«, so Sprink vorsichtig.

Heikles Thema Kooperation

Bei allen zaghaften Überlegungen zu einer strategischen Partnerschaft müssten die Interessen des Konzerns berücksichtigt und auf die Image fördernde Wirkung beim Fußball geachtet werden.

Bei der Bayer AG gebe es nicht zuletzt durch die Folgen des Debakels um den Cholesterinsenker »Lipobay« einige Baustellen. »Deshalb muss man wohldosiert vorgehen«, warnt Sprink. »Der Aufsichtsrat von Bayer wäre im Moment nicht begeistert, wenn wir alles auf die Zwölf setzen würden.«

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