Ein hässliche Intrige bringt den US-Fußball-Verband in Schwierigkeiten und sorgt dafür, dass die Nationalelf der Männer aktuell ohne Trainer dasteht. An dem Drama, das Züge einer Seifenoper trägt, sind Nationaltrainer Gregg Berhalter, seine Frau Rosalind, Nationalspieler Giovanni Reyna und dessen Eltern Claudio und Danielle Reyna beteiligt.
Bekannt wurde das ganze Ausmaß der Geschichte, nachdem Berhalter gemeinsam mit seiner Frau Rosalind am Dienstagnachmittag auf Twitter ein ausführliches Statement veröffentlicht hatte, in dem er schwere Vorwürfe gegen eine Person erhob. Diese habe den US-Verband kontaktiert, weil sie Informationen über Berhalter habe, die zu seiner Entlassung führen sollten.
Gregg Berhalter war damals 18 Jahre alt
Die Informationen, um die es geht, lieferte Berhalter gleich mit. Ausführlich berichtet er von einem Vorfall aus dem Jahr 1991, als er seiner späteren Frau während eines heftigen Streits vor einer Studentenbar in die Beine getreten habe ("It became physical and i kicked her in the legs."). "Keine Entschuldigung" gebe es für sein Verhalten damals, schreibt Berhalter. Sowohl er wie seine Partnerin informierten ihre Freunde und die Eltern über den Vorfall, der nicht zur Anzeige kam. Berhalter, der damals 18 Jahre alt war, er habe sich danach professionelle Hilfe gesucht. Etwas ähnliches sei ihm nie wieder passiert. Sieben Monate später meldete sich Rosalind bei ihm und sie seien nach einer Aussprache wieder zusammengekommen. Seit 25 Jahren sind sie verheiratet.
Nur wenige Minuten später veröffentlichte der US-Verband ebenfalls ein vages Statement, in dem er mitteilte, dass die Vorwürfe gegen Berhalter von einer Anwaltskanzlei untersucht werden. Der Verband verzichtete darauf, die Vorwürfe konkret zu benennen. Gleichzeitig sprach er davon, dass unabhängig davon durch die Untersuchung aufgedeckt worden sei, dass es von einigen Personen außerhalb unangemessenes Verhalten gegenüber Mitgliedern des Verbands gegeben habe.
Wieso die Geschichte überhaupt ins Rollen kam, erfuhr eine erstaunte Öffentlichkeit am Mittwoch. Die Person, die den Sportdirektor des US-Verbands über den lange zurückliegenden Vorfall informiert hatte, war Danielle Reyna, Mutter des US-Nationalspielers und BVB-Profis Giovanni "Gio" Reyna. Auch Reynas Vater Claudio (Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg) war involviert, wie beide nun zugaben.
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Alle Beteiligten kennen sich lange
Die Vorgeschichte: Gio Reyna war vor der WM von Berhalter darüber informiert worden, dass er nicht sehr viele Einsatzzeiten erhalten werde, obwohl er zu den talentiertesten Nationalspielern des Landes zählt. Reyna reagierte offenbar unangemessen und wäre fast aus dem Kader geflogen. Berhalter hatte später auf einer Pressekonferenz von einem problematischen Profi erzählt, ohne aber einen Namen zu nennen. Dennoch war schnell klar, dass es sich um Gio Renya handelte. Der Spieler selbst veröffentlichte einen Tag später eine Stellungnahme, in der er zugab, sich nicht gut benommen zu haben. Gleichzeitig zeigte er sich enttäuscht, dass er kaum Einsatzzeiten erhalten werde.
Für Danielle Reyna waren die Aussagen Berhalters auf der Pressekonferenz zu viel. Sie sei "außer sich und am Boden zerstört" gewesen, sagte sie dem Sender "ESPN". Deshalb habe sie am selben Tag den US-Sportdirektor über Berhalters Gewaltausbruch vor 31 Jahren informiert. Sie habe nicht dessen Entlassung gefordert, sondern nur ihren Sohn schützen wollen. Gatte Claudio Reyna gab zu, sich während der WM mehrmals bei Verantwortlichen des Verbandes darüber beschwert zu haben, dass sein Sohn nicht spielte.
Um die ganze Tragweite des Konfliktes zu verstehen, muss man wissen, dass sich alle Beteiligten gut kennen. Gios Vater Claudio war einer der besten Fußballer, den die USA je hatten. Er und Berhalter kennen sich seit ihrer Kindheit, sie kickten gemeinsam im High-School-Team und und später bei den Weltmeisterschaften 2002 und 2006. Gleiches gilt für für Danielle Reyna und Rosalind Berhalter, die zusammen wohnten und in der Uni-Mannschaft von North Carolina gemeinsam spielten.
Reyna: Berhalter verharmlost Vorfall
Deshalb sind die Reynas so gut über den Vorfall von vor 30 Jahren informiert. Danielle Reyna betonte am Mittwoch: "Ohne ins Detail zu gehen, verharmlosen die gestrigen Aussagen (Berhalters über den Gewaltausbruch, Anm. d. Red.) den Missbrauch in der fraglichen Nacht erheblich. Rosalind Berhalter war meine Mitbewohnerin, Mannschaftskameradin und beste Freundin, und ich habe sie durch das folgende Trauma hindurch unterstützt."
Sie habe lange gebraucht, um Berhalter zu verzeihen, "und schließlich beide und ihre Kinder zu einem wichtigen Teil meines Familienlebens gemacht", sagte Reyna. Sie hätte sich gewünscht und erwartet, dass Berhalter Gio die gleiche Gnade entgegenbringt.
Quellen: DPA, "The New York Times", "ESPN", "Spiegel"