Der Countdown für das Spiel der Spiele läuft, und keiner sehnt den Anpfiff in Madrid so herbei wie Oliver Kahn. Seit zwei Wochen quält sich der Fußball-Nationaltorhüter in jedem Training für den Tag der persönlichen Abrechnung. Am Mittwoch will der Kapitän des FC Bayern München seinen schweren Fehler beim 1:1 im Hinspiel gegen Real Madrid ausbügeln und mit einer makellosen Leistung den Weg ins Viertelfinale der Champions League ebnen.
Kahns Glaube an die eigene Stärke ist rechtzeitig vor der alles entscheidenden Partie wieder hundertprozentig intakt: "Ich bin super drauf. Ich weiß schon, was ich kann", verkündete Kahn mit entschlossenem Gesichtsausdruck.
"Wir haben sehr gute Chancen"
Am Montag nahm er in München mit Torwarttrainer Sepp Maier den letzten Feinschliff für Madrid vor. Über eine Stunde hechtete Kahn den Bällen hinterher. Mit Zusatzschichten auf dem Platz und innerer Einkehr hatte der 34-Jährige auf sein Malheur beim Freistoß-Treffer von Roberto Carlos reagiert. Seine sehr gute Leistung beim 3:1-Sieg in Leverkusen gab Kahn den letzten Kick: "Wenn ich das umsetzen kann, haben wir in Madrid sehr gute Chancen."
"Befreiender Charakter" des Hinspiel-Patzers?
Auch Trainer Ottmar Hitzfeld hegt keine Zweifel mehr, dass Kahn für die persönliche Belastungsprobe gewappnet ist: "Er ist von sich selbst überzeugt, dass er ein Weltklasse-Torhüter ist. Er kann mit solchen Situation umgehen", kommentierte Hitzfeld. Der Bayern-Coach erkannte schon in Leverkusen wieder "den alten Oliver Kahn".
Kahn schreibt seinem Anfängerfehler aus dem Hinspiel inzwischen sogar einen "befreienden Charakter" zu. "Es hat sich in den letzten Wochen gezeigt, wie extrem das Torwart-Leben sein kann", sagte er. Sein Rezept, die für ihn "sehr emotionale und enttäuschende Sitation" ohne größere Nachwirkungen zu überstehen, klingt einfach: "Ich habe mich nicht aus dem Konzept bringen lassen."
"Mit möglichen Hass-Tiraden beschäftige ich mich nicht"
Die Stunde der Wahrheit schlägt aber erst in der spanischen Hauptstadt. Das weiß auch Kahn. Bereits seit Sonntag beschäftigt er sich nur noch "mit den 90 Minuten von Madrid". In Gedanken spielt er durch, was ihn erwarten könnte - vermutlich viel Arbeit und eine aggressive Stimmung auf den Zuschauerrängen: "Es waren immer Fußball- Feste in Madrid. Mit möglichen Hass-Tiraden beschäftige ich mich nicht", bemerkte er.
Sagnol und Lizarazu fliegen nach Madrid
Seine wichtigsten Helfer stehen direkt vor ihm in der Abwehr, und da kann Trainer Ottmar Hitzfeld womöglich doch mit der Wunschformation planen. Denn Willy Sagnol will in Madrid sogar mit einem gebrochenem Unterarm auflaufen. Eine Manschette soll seinen Einsatz ermöglichen. "Wenn ich am Dienstag beim Abschlusstraining normal trainieren kann, spiele ich", kündigte der französische Nationalspieler am Montag an.
Mit seinem Landsmann Bixente Lizarazu kann Hitzfeld sogar fest planen: Nur 13 Tage nach seinem im Hinspiel erlittenen Muskelfaserriss im Oberschenkel trainierte Lizarazu am Montag erstmals wieder mit der Mannschaft. "Es sieht gut aus", sagte Hitzfeld zufrieden: "Sagnol und Lizarazu fliegen mit nach Madrid."