Was für eine außergewöhnliche Pressekonferenz. Da sitzt einer der erfolgreichsten und beliebtesten Manager des deutschen Fußballs auf dem Podium und kämpft mit den Tränen. Rolf Königs, Präsident von Borussia Mönchengladbach, und Rainer Bonhof, Vizepräsident, die daneben sitzen, wirken betroffen, und auch ein wenig überfordert mit der Situation. "Es ist kein schöner Tag, es ist ein blöder Tag" leitet Königs sein Statement ein, als er an der Reihe ist. Geschäftsführer Stephan Schipper bringt seinen Redebeitrag recht nüchtern über die Bühne.
Davor und danach aber redet Erberl. Er könne einfach nicht mehr, gesteht er. Er sei vollkommen ausgebrannt: "Ich will einfach raus" ist einer dieser prägnanten Sätze, mit denen der 48-Jährige seine Seele öffnet und begründet, warum er sich von seinem Herzensverein und dem Fußball verabschiedet: "Ich werde wie Hape Kerkeling einfach mal weg sein." Eberl war eine der prägendsten und intelligentesten Figuren im deutschen Fußball der vergangenen Jahre. Das beweist er, diesmal auf andere Art, in diesem bemerkenswerten Moment erneut.
Lesen Sie hier den Kommentar meines Kollegen Phil Göbel.
Andere Gründe wiegen wohl schwerer
Eberl sagt auch einen Satz, der etwas untergeht an diesem frühen Freitagnachmittag und auf den die anwesenden Journalisten in fast schon bemerkenswerter Weise nicht eingehen. Direkt an die Kollegen richtet er die Worte: "Ich will mit Euch nichts zu tun haben."
Eberl macht also deutlich, dass für ihn zu einer vollständigen Erholung zwingend dazu gehört, keinen Kontakt mit Medien im Allgemeinen und Journalisten im Besonderen zu haben. Das ist verständlich, und nicht sarkastisch oder ironisch gemeint.
Selbstverständlich sind "die Medien" nur einer von vielen Gründen, warum der Sportdirektor ausgebrannt ist. Wahrscheinlich wiegen Erfolgsdruck, die Schnelllebigkeit des Geschäfts, das Jonglieren mit Millionen Euro, Konkurrenzkämpfe und die Last der Verantwortung sehr viel schwerer. Doch die Medien sind ein Bestandteil des Zirkus.
Medien können immensen Druck erzeugen
Jeder weiß, dass wilde Spekulationen, manchmal sehr gedankenfreie Analysen oder auch schlicht Falschinformationen Bestandteil des Geschäfts sind. Hinzu kommen Schuldzuweisungen, Anklagen und übertriebene Kritik. Oder schlicht blanker Unsinn. Was sich in den sozialen Medien abspielt (auch davon sprach Eberl) sei hier nicht unerwähnt. Der Druck, den Medien auf welche Art auch immer erzeugen, kann immens sein. Nicht falsch verstehen: Es gibt genauso kluge Analysen, berechtigte Kritik und herausragende Recherchen zu wichtigen Themen. Logisch. Beides gehört dazu.
Doch für die Akteure ist der Umgang mit den Medien sicherlich eine der größten Herausforderungen. Nicht umsonst sind spezielle Trainings für Profis im vergangenen Jahrzehnt zum Standard geworden. Man braucht eine dicke Haut, um sich in dieser Welt zurechtklarzukommen, besonders mit den negativen Schlagzeilen. Dass Profis und Funktionäre oft ein schwieriges bis problematisches Verhältnis zur Presse haben, sich sehr gerne abfeiern lassen oder sie schlicht benutzen, gehört auf der anderen Seite genauso dazu (erinnert sei an die legendäre Pressekonferenz der Herren Hoeneß, Rummenigge und Salihamidzic im Oktober 2018).
Eberl betonte gleich zu Beginn der Pressekonferenz, dass die Spekulationen um seinen Rückzug größtenteils blanker Unsinn waren. So wurde gemutmaßt, dass er zum Konkurrenten RB Leipzig wechseln wolle. Es gab praktisch keine Meldung, die nicht ohne diese Gedankenspielerei auskam. Wie wir wissen, ist nichts dran. Es war blanker Unsinn.
Eberl kann das nun egal sein. Er zieht sich aus dem Hochdruck-Zirkus zurück, weil er erkannt hat, dass er "auf seine Gesundheit" achten muss. Die Fußball-Welt wird sich ohne ihn weiterdrehen, ändern wird sich nichts. Und wer weiß: Vielleicht wird der leidenschaftliche Fußballer Max Eberl irgendwann zurückkehren ins Geschäft.