Seit Monaten schon schweben düstere Wolken über dem FC Arsenal, der eine durchwachsene Saison hinter sich hat. Im April trat der Vizepräsident David Dein, ein enger Freund von Coach Arsene Wenger, nach Querelen mit den Inhabern zurück. Schon damals zeigte sich Wenger verständnislos und kündigte an "über eine Verlängerung seines Vertrages nachzudenken". Der Elsässer hat noch einen Kontrakt bis 2008 und wird u.a. mit Real Madrid und Barcelona in Verbindung gebracht. Für Henry, der schon in der Vergangenheit mit Barcelona geliebäugelt hatte, war die Personalie David Dein offenbar der auslösende Faktor für den Clubwechsel.
Arsenal drohen schwere Zeiten
Ein Abschied Wengers wäre gleichbedeutend mit dem Ende einer Ära bei Arsenal. In seinen höchst erfolgreichen elf Jahren in London hat Wenger den Stil des einstmals rustikalen Hauptstadtclubs mit technisch herausragendem Kombinationsspiel geprägt, das nur ab und an die Konsequenz im Torabschluss vermissen lässt - und genau dafür war Henry zuständig, der es in drei aufeinanderfolgenden Jahren (2004, 2005, 2006) zum Torschützenkönig in der Premier League brachte.
Klar herausragender Spieler bei Arsenal ist nun der erst 20-Jährige Spanier Cesc Fabregas, der aus der Jugend von Barcelona stammt und als größtes Mittelfeldtalent der Gegenwart gilt. Ob aber er und die anderen Arsenal-Youngster ohne den Kapitän und Top-Torjäger Henry stabil genug für Spitzenleistungen sind, muss bezweifelt werden. Immerhin steht nach englischen Zeitungsberichten der Nachfolger schon fest: Ryan Babel, Sturmtalent von Ajax Amsterdam, soll kommen und Henrys Planstelle im Sturm einnehmen. Ob das aber ausreicht? Es scheint eine höchst turbulente Saison beim Lehmann-Club zu werden.
Logischer Schritt für Henry
Für den 29-Jährigen Henry ist der Wechsel zu Barcelona eine folgerichtige Entscheidung. Ein Transfer innerhalb der Premier League wäre für jemanden, der "Arsenal im Herzen" (Henry) trägt, nicht möglich gewesen, in Barcelona kann er seine verbliebenen Ziele verwirklichen. Henry, der ja mit Frankreich Welt- und Europameister war, sehnt sich nach einem Umfeld, in dem er die Champions League gewinnen kann, das ist beim Titelträger von 2006 in jedem Fall wahrscheinlicher als bei Arsenal.
Nacht acht Jahren bei Arsenal geht Henry als Legende, als erfolgreichster Torschütze in der Geschichte des Traditionsvereins und als vermutlich bester Ausländer in der Geschichte des englischen Profifußballs. Henry hat als Persönlichkeit große Spuren hinterlassen, mit Blick auf die Champions League und die Weltmeisterschaft 2010 findet er aber in Spanien wohl beste Bedingungen für seine sportlichen Ziele vor.
Barca - die neuen "Galacticos"?
Barcelona ist durch den Henry-Transfer nun in einer ähnlichen Situation, wie es Erzrivale Real Madrid Anfang des Jahrtausends war, als dort die Ära der "Galaktischen" mit Figo, Zidan, Ronaldo und Beckham eingeletet wurde - die damals größten Namen des Weltfußballs. Es stellte sich aber bald heraus, dass es kein schlüssiges Konzept für den Aufbau einer Mannschaft ist, wenn man schlicht die bekanntesten Spieler zusammenkauft. Die sportlich für Reals Verhältnisse wenig erfolgreiche Zeit wird durch den Abgang von David Beckham nun endgültig beendet.
Mit dem Argentinier Lionel Messi, dem Kameruner Samuel Eto'o, dem Brasilianer Ronaldinho und eben Henry stehen gleich vier absolute Superstars in der Offensivabteilung der Katalanen, alle vier gemeinsam auf den Platz zu stellen, könnte ein taktisch kompliziertes Unterfangen werden. Da die beteiligten Egos sich vermutlich mit einem Rotationsprinzip recht schwer tun, wird nun schon über einen Verkauf von Eto'o spekuliert, dessen Verhältnis zu Rijkaard als angespannt gilt. Auch die Entwicklung in Barcelona dürfte spannend zu beobachten sein.
